DIE WALFANGDEBATTE DREHT SICH UM SYMBOLIK STATT UM ÖKOLOGIE
: Sanfte Riesen mit Botschaft

Für die einen sind die Riesen Tiere mit fast menschlichen Zügen. Sie können sprechen und singen, gehen Beziehungen ein, haben ein Familienleben und gegenseitige Kinderbetreuung. Für die anderen sind es die „Kakerlaken der Meere“, die größten lebenden Raubtiere. Wale haben zwar keine großen, „treuen“ Augen wie Seehunde, sind dafür aber recht intelligent und wirken irgendwie sympathisch. Durch unseren Lebensstil verschwinden täglich Dutzende Tierarten unbemerkt und für immer. Dass sie ausgerechnet dem Walfang galt, die erste richtig erfolgreiche Kampagne von Greenpeace in den Achtzigerjahren, war bestimmt kein Zufall. Hätte eine vom Aussterben bedrohte glitschige Qualle auch nur einen Kampagnendollar lockergemacht?

Das große Tier ist ein starkes Symbol. Für Beschützer wie Jäger. Für Norwegen ist die Waljagd, auch weil man Walfänger kräftig staatlich subventionieren muss, ein reines Verlustgeschäft. Japan zahlt für den Kauf von Stimmen in der Walfangkommission vermutlich ein Vielfaches dessen, was der Walfang volkswirtschaftlich einbringt. Es geht ums Prinzip und um einige Wählerstimmen. Für den Vorsitzenden von Japans Fischereibehörde symbolisiert das Fangverbot „westlichen Kulturimperialismus“, und er fragt, wie es denn mit der Massentierhaltung der ach so sentimentalen Westler aussehe – und was sie sagen würden, wenn Hindus ihnen verbieten wollten, Fleisch zu essen.

Natürlich wären einige Walarten vom Aussterben bedroht, würde wieder ein Abschlachten einsetzen. Doch niemand will das. Auch nicht die traditionellen Walfangländer. Sie müssen aber mit der Hypothek leben, dass sie es nicht vermochten, das Abschlachten zu stoppen, bevor einige Arten ganz verschwanden.

Vielleicht ist der Wal für viele Menschen wegen des globalen schlechten Gewissens zu einem so wichtigen Symbol geworden. Vielleicht haben sie uns auch wirklich etwas zu sagen, die Wale: Es ist nicht in erster Linie die Jagd, die sie bedroht. Es sind Umweltverschmutzung und Klimaveränderungen. REINHARD WOLFF