Neuer Plattenvertrag ist nicht in Sicht

Weil sie wegen Brandschutzmängeln ihre Proberäume im Marzahner Orwo-Haus räumen sollen, legten 80 Bands ein Nutzungskonzept vor. Die Immobiliengesellschaft TLG lehnte ab. Die Begründung: „Nicht wirtschaftlich genug“

VON FLORIAN HÖHNE

Es sieht so aus, als hätten die 80 Bands, die derzeit noch im Marzahner Orwo-Haus proben, bald ausgespielt: Zwar legten die Musiker der Eigentümerin, der Immobiliengesellschaft TLG, eine erste Version eines Nutzungskonzepts vor. Die TLG lehnte dieses aber gestern ab: Es sei nicht wirtschaftlich genug, sagte TLG-Sprecherin Sabine Pentrop. „Was wir investieren müssten, um die Brandschutzauflagen zu erfüllen, übertrifft die späteren Mieteinahmen bei weitem.“ Der Bezirk hatte in der Platte, die die Bands als Kulturzentrum nutzen, Mängel beim Brandschutz festgestellt, die TLG den jungen Musikern daraufhin die Verträge gekündigt (die taz berichtete).

Der Sprecher des kürzlich von den Musikern gegründeten Vereins, Andreas Otto, hält der TLG-Argumentation entgegen: „Wir arbeiten weiter mit eigenen Bauingenieuren an dem Konzept. Letztlich wäre das billiger für die Gesellschaft.“ Um den Vorschlag mit Zahlen zu untermauern, brauchten sie aber die Gebäudeunterlagen, so der Musiker. „Die rückt die TLG nicht heraus.“

Für die TLG scheint die Zukunft des Orwo-Plattenbaus klar: „Verkaufen ist die einzige wirtschaftliche Alternative“, sagte Pentrop. Natürlich hätten sie auch den Musikern das Haus zum Kauf angeboten – die müssten nur das Geld aufbringen.

Vor dem Hintergrund der finanziellen Möglichkeiten des Bandvereins klingt das zynisch: „Kaufen ist utopisch“, sagt Otto. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei so viel Leerstand von Büros irgend jemand anderes das Gebäude kaufen will – zumal die Sanierung noch ansteht.“

Seit gut fünf Jahren proben mehr als 400 Musiker im Orwo-Haus in Berlin-Marzahn. Zu DDR-Zeiten gehörte der Plattenbau dem Fotopapierhersteller „Original Wolfen“ – kurz Orwo. Bisher vermietete die aus der Treuhand hervorgegangene TLG Immobilien das Gebäude an die 80 Bands. Doch Bauaufsicht und Feuerwehr stellten fest, dass dem Plattenbau Brandschutzmauern und -türen fehlen.

Anstatt wie sonst üblich die Mängel zu beseitigen, kündigte die Vermieterin den Bands Ende Juni außerordentlich: Am 30. September müssen die letzten raus – für viele eine Katastrophe. „Wo anders können wir uns die Miete nicht leisten“, sagte etwa der 20-jährige Gitarrist Michael Hoge der taz. Knapp drei Euro kostet hier der Quadratmeter Miete. In anderen Proberäumen Berlins ist es bis zu fünfmal so viel.

Die Immobiliengesellschaft ließ das Gelände jetzt umzäunen, ein einbetoniertes Eisentor installieren und sämtliche Schlösser austauschen – dem Unternehmen zufolge zum Schutz der Musiker. „Das ist gut, weil es unser Equipment vor Diebstahl schützt“, so Otto, „aber es hindert uns nicht daran, hier die Stellung zu behalten.“ Der Verein aber wolle auf jeden Fall mit der TLG im Gespräch bleiben.