speichenbruch
: Das Mobbing des Skandaldirektors

BDR-Sportdirektor Burckhard Bremer hat es geschafft: Olympia findet ohne die besten deutschen Bahnradler statt

Das NOK hatte das letzte Wort – und es hat so gesprochen: 452 deutsche Athleten werden an den Olympischen Spiele in Athen teilnehmen, die Radsportler Daniel Becke und Jens Lehmann aber werden nicht mit von der Partie sein. Der Erfurter Becke wurde am Montag von der Vorschlagsliste des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) für Olympia gestrichen, weil er, so die NOK-Begründung, die Nominierungskriterien des Verbandes nicht erfüllt habe, Jens Lehmann wiederum wurde vom BDR erst gar nicht vorgeschlagen, weil er, mittlerweile 36 Jahre alt, nicht mehr flott genug sei. Beides freilich sind äußerst fadenscheinige Begründungen für die Nichtberücksichtigung (und beide Sportler haben bereits Klage angekündigt): Der Leipziger Lehmann hatte noch bei der nationalen Olympiasichtung Mitte Februar bewiesen, dass er unvermindert mindestens drittbester deutscher Bahnradler ist; und auch Becke, obwohl damals Primus, wurde in der Folgezeit die Chance, sich im NOK-Sinne ordentlich zu qualifizieren, vom eigenen Verband verwährt. Der hierfür notwendige Start bei einem der Weltcups wurde dem Erfurter, der berufsmäßig für das Straßenteam Illes Baleares fährt, jedenfalls terminlich stets unmöglich gemacht. Den BDR könnte dies Gebaren in Athen gleich zwei Medaillen kosten – im Einer (Becke) und im Vierer (Becke und Lehmann). Das ist nicht nur bedauerlich, es ist ein Skandal.

Die offizielle Version des Skandals ist nun jene, dass Burckhard Bremer, der BDR-Sportdirektor, bedauert, was er da angerichtet hat, zumindest was den Fall Becke angeht. Nicht vergessen aber darf man über solcherlei Krokodilstränen, dass Bremer selbst es war, der seit einem Jahr alles Erdenkliche getan hat, um den Athen-Start der beiden Olympiasieger von Sydney zu verhindern, in seinen Maßnahmen brav flankiert von Sylvia Schenk, der in Sachen Radsport eher unbeleckten BDR-Präsidentin. Seinen Beginn nahm dies Athleten-Mobbing mit der Absage des Deutschland-Vierers bei der WM in Stuttgart vor einem Jahr – ein weiterer Skandal, in dem Bremer eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Statt die Verwerfungen, die damals durch die ungenauen Nominierungskriterien des BDR auch zwischen den Athleten – vor allem zwischen Becke, Lehmann und dem Potsdamer Robert Bartko, in Sydney noch gemeinsam Olympiasieger – entstanden sind, beizulegen, hat Bremer stets weiter Öl ins Feuer gegossen. Als Sportdirektor tragbar ist er schon deswegen nicht mehr.

Umso bedauerlicher, dass nun auch das NOK bei seiner Olympia-Nominierung versäumt hat, als Korrektiv zu solch Funktionärsversagen zu wirken. Durch die Streichung Beckes ist eher das Gegenteil der Fall, obwohl NOK-Präsident Klaus Steinbach kürzlich noch kundgetan hatte, er wünsche sich, dass die besten Bahnradfahrer in Athen an den Start gingen. Dies ist nun definitiv nicht der Fall. FRANK KETTERER