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Kein Schlepperschiff

betr.: „Hinhaltetaktik in Italien“, taz vom 16. 7. 04

Was da in Sizilien so alles angespült wird … Menschliches Vieh, ohne Habe und ohne Bleibe. Mit welchem Recht wollen die sich bei uns breit machen? Und warum sind die nicht direkt mit dem Viehtransporter abgeholt worden? Und den Bierdel, diesen „Oberspinner“, den sollnsegleichmal lebenslänglich und so; und überhaupt das Schiff – die Kapp Dingsda – das sollnsegleichmal für immer beschlagnahmen, dass die nich wieder auf so krumme Ideen kommen.

Wir wollen die nich, wir wollen hier nur unsere Sonntagsreden in unserem christlichen Abendland hören, basta! Und überhaupt: Auf Sizilien sollnse denen gleich mal zeigen, wo der faschistische Hammer hängt. Damit die mal wissen, wo et wirklich langjeht …

CHRISTOPH GEISER, Wegberg

betr.: „‚Cap Anamur‘ nach Rettung selbst in Not“, taz vom 19. 7. 04

Wo bleiben die deutschen Politiker mit noch ein bisschen Anstand im Leib, sich dieser widersinnigen Auslandspolitik der EU zu widersetzen? Da muss gehandelt werden! Meinen Respekt für die differenzierte Entscheidung des italienischen Innenminister. Warum geht die taz nicht hin und ruft zur politischen Unterstützung auf, warum führt ihr nicht die Diskussion um den Shannon-Vertrag weiter? Stattdessen druckt ihr das eigentlich schon erwartete, profilneurotische Gerede eines Mannes, der schon lange nicht mehr dabei ist und der es nicht verträgt, dass ein anderer seine Kreation übernimmt und dies vielleicht sogar noch erfolgreicher.

Der Kontinent Afrika brennt und hungert … nicht nur in Darfur! Fangen wir jetzt schon wieder mit der perversen Diskussion an, wer unserer Ersten-Welt-Meinung nach politischer und wer Wirtschaftsflüchtling ist? Geht uns eigentlich über Terrorismushysterie und unsere Sorge um unsere Zukünfte jede Ethik verloren? Ich fürchte, man will an Cap Anamur eigentlich nur ein übles Exempel statuieren, und das macht mich betroffen! Es sollte niemand vergessen, Cap Anamur ist ein Lazarettschiff, ein Nahrungsmitteltransporter und vieles mehr, wo Not am Mann ist. Cap Anamur ist auch für Cap Anamur kein Schlepperschiff! ANGELIKA MATTKE,

von 1994 bis 1997 Geschäftsführerin des Komitee Cap Anamur

Was bei der Wagenburgdiskussion um so genannte Scheinasylanten und Schleusertum unterbelichtet bleibt, sind die Berufspflichten eines Kapitäns, die sich insbesondere aus der Regel sechs der Internationalen Schifffahrtskonvention ergeben, wonach ein Schiff jederzeit in der Lage sein muss, Schiffbrüchige aufzunehmen. […] Kapitäne haben schon mehrfach Afrikaner, die als blinde Passagiere auf hoher See entdeckt wurden, über Bord werfen lassen. Das ist Mord und wirft auf die Art und Weise, in der manche Politiker die Rettungsaktion der Cap Anamur kommentieren, ein besonderes Licht. […]

Als ein besonderes Ärgernis wird dabei offenbar die Herstellung der Öffentlichkeit durch Unterrichtung der Medien empfunden: „Die Umstände deuten darauf hin, dass es Cap Anamur auch um Selbstdarstellung geht“, so der Sprecher des BMI. Die strafrechtliche Verfolgung des Kapitäns der Cap Anamur, Stefan Schmidt, und des Präsidenten der Hilfsorganisation als Antwort auf die moralische Anklage zeigt, worum es tatsächlich geht, nämlich um den Versuch, eigenen (Rechts-)Frieden mit einer bis zum Tod (des Flüchtlings) konsequent vertretenen Asylpolitik zu finden.

RÜTGER BOEDDINGHAUS, Karlsruhe

betr.: „Bei Cap Anamur fliegen die Fetzen“ u. a., taz vom 20. 7. 04

Es war einmal eine hervorragende humanitäre Einrichtung. „Cap Anamur“ stand für Hilfe und Rettung von Menschen, die irgendwo auf den Weltmeeren, in überfüllten Schlauch- oder Paddelbooten, entdeckt, aufgegriffen und dem fast sicherem Tod entrissen wurden. Natürlich muss und soll eine derartige Menschen-Rettungs-Einrichtung auf sich aufmerksam machen. Natürlich gehören und gehörten dazu auch spektakuläre Aktionen. […]

Nun bekommt die ganze Sache einen faden, einen sehr fragwürdigen und schon traurigen Anstrich. Der Gründer von „Cap Anamur“, der Alte, gegen den Nachfolger, den Jungen; und umgekehrt. Sie tragen ihre persönlichen Eitelkeiten in aller Öffentlichkeit aus. […] Das ganze Schauspiel der obersten Macher von „Cap Anamur“ ist nur noch eine billige Inszenierung ganz persönlicher und kleinkarierter Befindlichkeiten. Die nachfolgenden Gliederungen der Organisation werden bedenkenlos mit eingespannt. […]

Dass die Politik sich urplötzlich „abwartend“ verhält, ist schon normal, was anderes war nicht zu erwarten. […] Verloren, gewaltig verloren, insbesondere an Glaubwürdigkeit, hat jedoch schon jetzt die Idee „Cap Anamur“. KLAUS ZINNER, Bochum

[…] Zu schließen, strenger mit NGOs umzugehen, ist eine ziemliche Luftnummer. Worin soll die Kontrolle von Freiwilligen-Organisationen bestehen, die etwas in der ausweglosen Situation maximaler internationaler Repression unternehmen? Die Einflussnahme bei Hilfsorganisationen liegt doch bereits bei der Gesellschaft, aus der diese entstanden sind. Ohne Unterstützung und Anerkennung wären deren Taten gar nicht möglich. Mehr Kontrolle ist destruktiver Zwang, der nur einer Seite nutzt: den Konzernen und der Politik, die die Probleme schaffen und die Not erst ausgelöst haben. Komischerweise wird bei den weltweit agierenden Firmen viel seltener von Kontrolle gesprochen, und wenn, dann nur im Konjunktiv. Egal ob Vodafone Milliarden klaut, DaimlerChrysler noch viele Jahre braucht, bis es was gegen Dieselkrebs unternimmt – von Fehlern wird in diesem Zusammenhang selten geredet, und Kontrolle, ja, wenn die Konzerne es denn wollen – bitte schön, dann machen sie das schon selber. Wo bleibt da der Kommentar? Sorry, zu leise.

Greenpeace hat bei der Brent Spar den Fehler gemacht, seinen Messfehler im Nachhinein zuzugeben. […] Und wieso ungewollte Fehler die Arbeit von NGOs ingesamt in Frage stellen, bleibt ein Rätsel, welches noch erklärt werden muss. In Politik und Wirtschaft haben wir uns vermutlich schon so an absichtliche Fehlentscheidungen gewöhnt. Veröffentlichungen werden auch nicht dadurch glaubwürdiger, dass aus falschen Berichten immer wieder der gleiche Unsinn übernommen wird. Deshalb aber gleich nach Kontrolle zu rufen wäre genauso sinnlos und verkehrt. OLIVER REHN, Ulm

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