Zukunft für größte deutsche Werft unsicher

Die Kieler HDW steht kurz vor dem Verkauf. Gerhard Schröder und Heide Simonis sähen sie gerne in deutscher Hand

KIEL taz ■ Beim größten deutschen Schiffbauer, den Kieler Howaldtswerken Deutsche Werft HDW, gingen die Uhren lange Zeit anders. Während überall sonst an der Küste von Werftenkrise die Rede war, konnten die Kieler volle Auftragsbücher verbuchen und gute Zahlen vorweisen. Das ist Vergangenheit. Die Krise im Handelsschiffbau hat die HDW mittlerweile voll erwischt: Mindestens 750 der 3.400 Arbeitsplätze werden abgebaut, Vorstand und Gewerkschaften verhandeln über Lohnverzicht, und potente Kaufinteressenten, die sich die lukrativen Werftenteile sichern wollen, stehen vor der Tür schon Schlange. Gestern hat sich Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) direkt nach Ende ihres Urlaubs mit dem HDW-Management getroffen, um über mögliche Lösungen für die Werft zu beraten. Am wahrscheinlichsten ist der Verkauf.

Der Besitzer von HDW, der US-Investment-Konzern One Equity Partners (OEP), will sich angesichts der Verluste, die die Werft aufhäuft, zurückziehen und sucht Käufer. Und die werden besonders vom U-Boot-Geschäft angezogen, der noch profitablen Sparte der Werft. Der französische Rüstungskonzern Thales und der US-Riese Northrop Grumman haben bereits ihre Fühler ausgestreckt. Beide wären nicht am Kauf der ganzen Werft interessiert, sondern würden die U-Boot-Sparte am liebsten herauslösen.

Deswegen geht in Kiel auch bereits das Wort von der drohenden Zerschlagung und Filetierung der Werft um, die „um jeden Preis verhindert werden muss“, wie der grüne Fraktionschef Karl-Martin Hentschel als Devise ausgegeben hat. Der Politik wäre ein Verkauf im Gesamtpaket am liebsten, und ihren Wunschkäufer hat sie auch bereits im Kopf. Wenn der deutsche ThyssenKrupp-Konzern HDW übernähme, bliebe nicht nur der Rüstungsbetrieb in deutschen Händen. Zudem wäre damit der seit Jahren auch von der Bundesregierung favorisierte deutsche Werftenverbund Realität: ThyssenKrupp besitzt bereits die beiden Schiffbauer Blohm + Voss in Hamburg und die Nordseewerke im ostfriesischen Emden.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich erst in dieser Woche nachdrücklich für einen „Verkauf innerhalb Deutschlands“ ausgesprochen. Allerdings werde sich der Bund auch nicht gegen einen Kauf durch die französische Staatswerft DCN wehren: „Wenn die Bedingungen stimmen, haben wir nichts gegen eine deutsch-französische Lösung“, sagte Schröder.

PETER AHRENS