Kaffeekrieg im Grenzgebiet

betr.: „Krenz bestreitet Schießbefehl“, taz vom 12. 2. 09

Sicher ist es formalrechtlich unbestreitbar, wenn Egon Krenz meint, dass die Waffengebrauchsbestimmungen sich in der DDR nicht von denen in der BRD unterschieden hätten. Als Jurist und Polizeirat im BGS im Ruhestand kenne ich beide Bestimmungen. Unbestreitbar ist aber auch, dass die DDR-Grenzposten vor jedem Einsatz vom Kompaniechef mit dem Spruch vergattert wurden: „Grenzverletzer sind festzunehmen oder zu vernichten!“, was letztlich einen Schießbefehl impliziert. Letzteres wurde erst 1988 weggelassen.

Überdies – bei allem Leid, das passiert ist – sollte man nicht immer aus dem Glashaus mit Steinen werfen. Beim BGS oder Zollgrenzdienst war es in den Anfangsjahren der BRD nicht viel anders. Im „Kaffeekrieg“ der 50er-Jahre kam es an der westdeutsch-holländischen und -belgischen Grenze zu etlichen Todesschüssen, wegen einiger Kilo geschmuggelten Kaffees. Die Bevölkerung empörte sich damals darüber, die Vorfälle wurden aber bagatellisisert und verliefen strafprozessual im Sande, falls überhaupt Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Ähnlich wie heute die Todesschüsse der Polizei, die in ihrer Gesamtzahl die der Mauertoten bereits übersteigen und nur in einem Bruchteil als „finaler Rettungsschuss“ zu werten wären. BERND MICHAELSEN, Schwerborn