Sicherheitstrakt Millerntor

Mit einer einzigartigen Aktion demonstrieren St. Pauli-Fans dafür, Spiele mit erhöhtem Sicherheitsrisiko im eigenen Stadion durchzuführen. Vor dem Spiel gegen Dresden herrscht ein größerer Sicherheitsaufwand der Polizei als zu Bundesligazeiten

von OKE GÖTTLICH

Die Polizei betrachtet das morgige Regionalligaspiel zwischen dem FC St. Pauli und Dynamo Dresden als Testfall. „Wir haben es mit der unwidersprochen ungünstigen Gemengelage von 500 kritischen Fans aus Dresden, polizeilichen Vorbehalten gegen unser Stadion, sowie mit den Nachwehen der Cap San Diego-Geschichte zu tun“, beschreibt St. Pauli-Verwaltungsleiter Frank Fechner die Situation. Sollte es zu Tätlichkeiten zwischen den Fangruppierungen kommen, stehen vier weitere Partien am Millerntor, unter anderem das Derby gegen die HSV-Amateure, zur Disposition.

In der dritten Liga scheinen plötzlich größere Sicherheitsbedenken seitens der Polizei zu bestehen als zu Bundesligazeiten. „Es ist der größte Sicherheitsaufwand, der je betrieben worden ist“, so Fechner. Die Vermutung liegt nahe, dass die Innenbehörde das medial kräftig ausgeschlachtete Aufeinandertreffen zwischen St. Pauli- und HSV-Fans an der Cap San Diego vor vier Wochen nutzt, den Verein nach dem Auftritt einiger St. Pauli-Fans bei Bambule-Demonstrationen schärfer zu reglementieren. „Wir müssen gemeinsam mit unseren Fans, der Polizei und unseren Sicherheitsleuten versuchen zu beweisen, dass wir Spiele mit erhöhtem Sicherheitsrisiko am Millerntor durchführen können“, sagt Fechner.

So kommt es womöglich erstmals im deutschen Fußball überhaupt zu einer freiwilligen Verordnung für eine dritte Halbzeit der Heimfans. „Der FC St. Pauli und seine Fanorganisationen bitten die Fans nach Spielschluss noch 30 Minuten auf freiwilliger Basis im Millerntor-Stadion zu verweilen“, lautet eine Pressemitteilung des Vereins, die vom Präsidium, dem Fanladen, dem Sprecherrat der Fanclubs und der Abteilung Fördernder Mitglieder unterzeichnet wurde. „Diese für die Fanszene in Deutschland einmalige Aktion soll zum Beweis beitragen, dass jedes Fußballspiel gegen jedweden Gegner am Millerntor ausgetragen werden kann.“

Polizeisprecherin Ulrike Sweden sagt dazu: „Wir als Polizei begrüßen ausdrücklich jede Aktion, die Gewalt aus dem Spiel nimmt.“ Dennoch glaubt Fanladenmitarbeiter Heiko Schlesselmann, „dass die Polizei Gründe finden wird, einige Spiele in die AOL-Arena zu verlegen. Wir können doch nach den vergangenen Geschehnissen nur verlieren“, sagt er angesichts der massiven Auflagen seitens der Polizei. Nach Gesprächen mit einzelnen Gruppen der St. Pauli-Fans hofft Schlesselmann, dass keinerlei Gewalt von St. Pauli-Fans ausgehen wird. „Einzelne Gruppen verspüren nach der Hetzjagd in den Medien schon Druck und haben kein Bock auf weiteren Stress.“ Mehr Sorgen bereitet Schlesselmann, dass die von der Polizei als gewaltbereit eingestuften Dynamo-Fans durch den massiven Polizeieinsatz erst recht dazu animiert werden könnten zu randalieren. 3000 Fans aus Sachsen werden erwartet. „Verfehlungen seitens der Gästefans können uns nicht angelastet und vorgeworfen werden“, sagt Fechner.