Rocken gegen die GEMA

„Bochum Total“: Heute beginnt das größte Musikfestival des Ruhrgebiets im Bochumer Bermuda-Dreieck

BOCHUM taz ■ Ginge es nach der GEMA, dürfte Bochum Total gar nicht existieren. Seit Monaten versucht die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, dem größten Musikfestival des Ruhrgebiets den Saft abzudrehen – bislang ohne Erfolg. Kürzlich erst wies das Oberlandesgericht in Hamm eine Klage der GEMA ab, die darauf zielte, die Veranstalter des Festivals handlungsunfähig zu machen. Angeblich hätte die Bochumer Agentur cooltour seit Jahren Gebühren unterschlagen. Die Richter sahen das aber anders und prangerten im Gegenzug die nebulösen Abrechnungsmethoden der GEMA an, Methoden einer in die Jahre gekommenen Komponisten-Vereinigung, die im Jahr 2003 ihren 100. Geburtstag feierte – es aber dennoch nicht schaffte, in dieser Zeit ein schlüssiges System zu erfinden.

Doch das ist nur die spröde Vorgeschichte des Musikfestivals, das, wie man hört, in Bochum bereits vollmundig als größtes Musikfestival Europas (!) angepriesen wird. Naja, wollen wir mal auf dem Teppich bleiben. Oder besser: Auf dem betonierten Boden des Bermuda-Dreiecks, Bochums zurecht berüchtigter Feiermeile, die ab heute also doch von Musikern und Menschenmassen besiedelt wird. Wie viele Menschen jedes Jahr nach Bochum pilgern, um lautstark dem Pop zu frönen, dazu äußern sich die Veranstalter lieber nicht – denn auch das ist Teil des Streits mit den verbitterten Musik-Hütern. Sicher ist bloß, dass cooltour 2003 eine Million Menschen zählte.

Aber egal, heute geht‘s jedenfalls sofort mit einigen Highlights los. Zunächst haben sich die Bochumer Ska-Experten von Alpha Boy School angekündigt, erneut ein Konzert in der prominenten Pommes-Schmiede Rösti abzufeiern. Im vergangenen Jahr spazierte dort der Schweiß die Scheiben runter. Diesmal wird es wohl ähnlich aussehen. Neu ist in diesem Jahr die so genannte „Punk Karaoke“ auf der Bühne am KAP. Eine „coole Backing-Band“ soll, so heißt es, „die trashigen Metal-, Rock- und Punk-Hits“ spielen und die Besucher dürfen dazu grölen. Es wird bereits gemunkelt, dass es sich bei der Band um die legendären Kassierer aus Wattenscheid handelt. Wer würde sich auch besser für diesen Job eignen?

Das sind freilich nur feine Spezialitäten. Am Wochenende gibt sich bei Bochum Total nämlich vornehmlich die Gilde der massenverträglicheren Künstler die Mikros und Gitarren in die Hand. Zum Beispiel die Deutsch-Popper Virginia Jetzt!, die leider reanimierten H-Blockx oder das Hamburger Duo Spillsbury. Bis am Sonntag die Musik wieder verstummt und von Neuem der GEMA-Streit vom Bühnenrand bricht. BORIS R. ROSENKRANZ

Bochum Total, bis 25. Juli 2004Infos: www.bochumtotal.de