Zeigen Sie mal Ihr Diplom!

Experte: 70 Prozent der deutschen Leichtathleten haben psychologische Betreuung nötig. Allerdings finden sich gerade unter den Mentaltrainern auch Scharlatane

Hamburg dpa ■ Sportpsychologen sind derzeit hip. Experten warnen allerdings vor Scharlatanen in dem aufstrebenden Berufszweig. „Bei so genannten Mentaltrainern sollte man ganz vorsichtig sein, manchmal werden sie sogar von Sportorganisationen empfohlen“, warnte Martin Schweer, Professor für Sportpsychologie an der Hochschule Vechta, gestern in Hamburg. Sein Rat: Vereine, Trainer oder Sportler sollten sich vor der Zusammenarbeit unbedingt ein Diplom zeigen lassen.

„Das ist wie in der Medizin. Auch dort wollen wir uns doch nicht von Laien behandeln lassen“, sagte Schweer. Unseriöse Trainer würden vielfach mit spektakulären Methoden arbeiten, bei denen Skepsis angebracht sei. Besonders im Hochleistungssport mache die „mentale Fitness“ oft den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage aus. So trainierten Sportpsychologen gezielt immer wiederkehrende knifflige Situationen wie den Tiebreak im Tennis, den dreifachen Axel im Eiskunstlauf oder das Schießen im Biathlon. „Wir gucken zuerst ganz genau hin: Wo versage ich immer? Dann versuchen wir ein anderes Verhalten zu schulen, negative Gedanken in positive zu verwandeln“, so Schweer. Prozentual mache der mentale Anteil an der Gesamtleistung eines Athleten etwa fünf bis zehn Prozent aus.

Leichtathletiktrainer Jürgen Krempin unterstrich die Bedeutung der psychologischen Beratung: „Ich bin der Meinung, dass 70 Prozent aller Athleten im Deutschen Leichtathletik-Verband Betreuung nötig haben“, sagte der Coach von 400-Meter-Europameister Ingo Schulz. Zwar habe sein Topathlet noch nicht mit einem professionellen Psychologen gearbeitet, doch gerade die mentale Seite sei vor jedem Wettkampf wichtig: „Ingo sagt immer: Du brauchst mir nur ein oder zwei aufbauende Sätze sagen, dann glaube ich, dass ich jeden schlagen kann“, so Krempin.