Der Norden übt sparen, schafft es aber nicht

Lübeck soll 500 Verwaltungsstellen streichen, will das aber nicht, weil manche Ämter sonst nicht mehr arbeitsfähig wären. Jetzt setzt die seit Jahren hoch verschuldete Stadt auf Konjunkturprogramme des Bundes

Die Hansestadt Lübeck steckt tief in den roten Zahlen. Gleichzeitig steht eine wesentliche Sparmaßnahme nun vor dem Aus. In der Bürgerschaft regen sich Stimmen, das Programm „Minus 500“ trotz der angespannten finanziellen Situation zu stoppen. Das 2004 beschlossene Programm sieht eine Kürzung von 500 Stellen in der Stadtverwaltung vor. Doch angesichts des Personalmangels und der schwindenden Leistungsfähigkeit der Verwaltung könne das Programm nicht mehr getragen werden, war jetzt von den Fraktionen zu hören.

Die SPD hat sich inzwischen deutlich für das Ende des Programmes ausgesprochen, der endgültige Beschluss muss noch in der Bürgerschaft fallen. Jüngst berichtigte Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) bereits die Sparpläne, indem er ankündigte, dass er für die Abwicklung von Konjunkturprogrammen befristet neue Stellen schaffen wolle. Bereits 2008 musste etwa im Jugendamt oder in den städtischen Kitas neues Personal eingestellt werden.

Fazit: Die Stadt sieht sich zur Korrektur ihrer Sparmaßnahmen gezwungen – und steht weiter ratlos vor ihren Schulden. Im Einzelnen liest sich das so: Trotz jahrelanger Sparrunden verzeichnete die Hansestadt 2004 ein Rekorddefizit von 86 Millionen Euro im Haushalt. 2008 rauschte sie nur knapp an der Pleite vorbei: Das Innenministerium stimmte dem Haushaltentwurf zunächst nicht zu und genehmigte den Nachtragsetat später nur mit der ausdrücklichen Auflage, weitere Sparbeschlüsse zu verfolgen. Doch die chronische Verschuldung Lübecks bleibt: 2009 steuert die Stadt erneut auf ein Haushaltsdefizit von 30 Millionen Euro zu.

Für weitere Sparmaßnahmen sei kein Spielraum mehr, sagt Stadtsprecher Matthias Erz. Doch die Forderung des schleswig-holsteinischen Innenministeriums, die Schulden zu reduzieren und alle Einnahmequellen weiter auszuschöpfen, besteht weiter. Ein letzter Versuch der Stadt in dieser Richtung ist die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe, wogegen sich derzeit noch CDU und FPD in der Bürgerschaft wehren.

Hoffnung setzt die Stadt Lübeck jetzt vor allem in die Konjunkturprogramme des Bundes. Die Stadt bekommt 15,5 Millionen Euro zugeteilt und wird in die Infrastruktur – vor allem die energietechnische Gebäudesanierung – investieren. Kurios mutet angesichts der finanziellen Schwierigkeiten allerdings die Tatsache an, dass sich auf dem Lübecker Marktplatz seit 2009 die teuersten öffentlichen Toiletten Deutschlands befinden. Nach Information der Linken zahlt die verschuldete Stadt dafür jährlich 130.000 Euro.

JANNA PETERSEN