… der Brandenburger Ruderer?: Missliebige Inseln aus dem Weg räumen
Endlich sind sie gefunden: die wahren Gewinner der bösen Weltwirtschaftskrise. Sie sitzen nicht in gläsernen Bürotürmen oder Zentralen linkskuscheliger Parteien, sondern ziehen ihre Bahnen am liebsten fernab aller hektischen Städtischkeit. Es sind die Brandenburger Ruderer.
Heute entscheidet das Landeskabinett darüber, was es mit den Millionen aus dem staatlichen Konjunkturpaket anstellen will. Nach dem Willen von Ministerpräsident Matthias Platzeck soll ein millionenschwerer Batzen in den örtlichen Paddelsport fließen. Die Brandenburger wollen die Ruder-WM 2013 ins Land holen. Das Projekt trägt den Namen „Vision 2013“ – sprich „zwanzigdreizehn“. Bislang gab es nur ein Hindernis: eine kleine Insel.
Als 1969 aus dem ruhigen Beetzsee nahe der Stadt Brandenburg an der Havel eine ansehnliche Regattastrecke werden sollte, rückten die Bagger an und beseitigten eine Landzunge. Ein kleines Stück Land blieb übrig: die Insel Hünensteg – oder wie sie die Bürger weltläufig nannten: „Acapulco“. Nun soll die Ruderbahn die WM-gemäße Breite bekommen. Dafür sollen 27 Meter Insel, schlappe 7.000 Kubikmeter Erdreich, auf einer Seite der Insel abgetragen und ein Großteil davon soll am anderen Ende wieder aufgeschüttet werden. Der 489.000 Euro teure Umbau ist schon genehmigt. Umweltschützer beschwerten sich zwar, dass das Gebagger im kommenden Frühling die brütenden Vögel stören könnte, doch gegen so viel geballte Visionen waren sie machtlos.
Damit sich Brandenburg im harten Kampf um die WM durchsetzen kann, fehlen noch etwa 4,5 bis 5 Millionen Euro. Die positiven Signale aus der Staatskanzlei sind aber unüberhörbar. „Wir sind die Heimstadt der Ruderer und Kanuten“, werbetrommelt Regierungssprecher Thomas Braune. Schon im nächsten Jahr werden sich die Augen der Welt auf den Beetzsee richten. Dann findet dort die Weltmeisterschaft im Barfußwasserskifahren statt. Da kann man den Aufschwung schon richtig spüren. BHÜ FOTO: AP
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