„Für einen Beckham reicht es noch nicht“

Ein türkischer Verein aus dem Wedding macht sich nach einer dreifachen Aufstiegsserie daran, die Regionalliga zu erstürmen: Gökmen Ilkyaz, der Manager des SV Yesilyurt, über ein Fußball-Erfolgsmodell und seine Geschichte

taz: Herr Ilkyaz, Ihr Verein finanziert sich zum Großteil über den Getränkehandel ihres Vaters Zeki Ilkyaz, der Präsident des SV Yesilyurt ist. Bei dem hitzebedingten Flüssigkeitskonsum müssten Sie sich doch bald richtige Stars leisten können?

Gökmen Ilkyaz: Klar steigen mit der Hitze die Einnahmen an, aber für einen Beckham reicht es noch nicht.

Als Getränkehändler sind Sie auch von Pfandverordnungen betroffen, Stichwort: Dosenpfand. Wie wirken die sich auf Ihren Etat von 120.000 Euro aus?

Gar nicht. Ab Oktober werden ja auch Einwegflaschen bepfandet, aber das ändert ebenfalls nichts am Etat. Wir arbeiten solide und sorgen dafür, dass wir mit Sponsoring-Partnern das nötige Geld für unsere Spieler haben.

Geld für Handyrechnungen ist jedenfalls da. Beim Spiel gegen Lichterfelde haben Sie ausführlich mit ihrem Vater telefoniert; der verbringt gerade seinen Urlaub in der Türkei.

Er will immer informiert werden, über jedes Detail. Die Tore habe ich ihm durchgegeben, und zur Halbzeit habe ich angerufen. Aber meistens ahnt er die Gegentore und ruft selbst an. Unsere Treffer melde ich natürlich sofort, bei Gegentoren lasse ich mir Zeit.

Sie haben auch in den letzten Monaten viel telefoniert – hauptsächlich um neue Spieler zu verpflichten, allerdings keine türkischstämmigen mehr. Wandelt sich der Integrationsverein unter türkischem Dach, wie sich Yesilyurt selbst bezeichnet?

Je höher wir kommen, desto mehr nichttürkische Spieler werden zu uns kommen – solange sie sportlich und menschlich zu uns passen. Da werden wir zweigleisig fahren.

Büßt der Verein dann seine türkische Identität ein?

Nein. Yesilyurt ist und bleibt ein Berliner Verein mit türkischen Wurzeln. Ich sehe es gerne, wenn wir jetzt auch viele deutsche Fans bei unseren Heimspielen haben. Wir können ein Verein für die ganze Stadt sein, und hier leben Menschen aus unterschiedlichen Kulturen.

Apropos Fans: Zum ersten Oberliga-Heimspiel kamen fast 300 Zuschauer, dennoch hatten akustisch die acht mitgereisten Anhänger von Brandenburg-Süd die Partie eindeutig im Griff.

Das ist traurig. Warum das so ist, weiß ich nicht. Aber wenn nur zwei oder drei schreien, dann geht’s schon los. Ich denke aber, je erfolgreicher wir spielen, umso mehr Zuschauer kommen – und umso lauter wird es werden.

Ihre Spieler sind da wesentlich temperamentvoller.

Es ist immer dasselbe. Alle zwei, drei Wochen muss der Trainer die Einstellung der Spieler ansprechen. Das nervt mich. Wir spielen hier in Deutschland, und da muss eben mehr Respekt vorhanden sein, vor allem vor den Schiedsrichtern. An der Disziplin arbeiten wir.

Reicht das, um in die Regionalliga aufzusteigen?

Wir wollen in dieser Saison nicht aufsteigen, sondern uns in der Oberliga stabilisieren und etablieren. In Lichterfelde haben wir blöderweise zwei Punkte verschenkt, das soll uns bald nicht mehr passieren. Nächstes Jahr müssen wir besser werden …

und dann aufsteigen?

Genau! INTERVIEW: MARCUS VOGT