Das Revier braucht noch mehr Leuchttürme

Der Kommunalverband Ruhr stellt seine neueste Image-Studie vor. Alles wie immer: Bayern denken, das Revier sei hässlich. Deshalb soll der Pott noch mehr kochen. Fußball und Industriekultur sollen die Touristen locken

ESSEN taz ■ Das Ruhrgebiet könnte zu einer neuen deutschen Touristenattraktion werden - jedenfalls, wenn man den euphorischen Hoffnungen des Kommunalverbands Ruhr (KVR) glaubt. Der bewertet es als ein positives Signal, dass sich bis zu zwei Drittel aller Deutschen vorstellen können, eine Städtereise ins Revier zu unternehmen – da gerät leicht in Vergessenheit, dass 16 Prozent aller Deutschen eine Reise in den Ruhrpott überhaupt nicht in den Sinn kommt.

„Das Ruhrgebiet wird als eine Region mit Zukunft betrachtet, die sich positiv wandelt,“ so Udo Elsner, Projektleiter beim KVR. Für die Studie, die das touristische Image der Region untersuchen sollte, wurden im Frühjahr bundesweit 1.200 Personen telefonisch befragt. Unterscheidet man zwischen den Befragten nach ihrer Herkunft, so kommen wenig neue Ergebnisse zu Tage: Während die Menschen im Pott wissen, wie schön grün es hier ist, glaubt der Rest Deutschlands immer noch, dass man hier vor lauter Kohlestaub seine Wäsche nicht im Garten zum Trocknen aufhängen kann. In der Studie klingt das dann so: „Das Ruhrgebiet wird bundesweit als durch Kohle, Stahl und Großindustrie geprägter, wirtschaftlich starker Ballungsraum gesehen. Dieses Image ist nach wie vor prägend und bei der ruhrgebietsexternen Bevölkerung überdurchschnittlich stark vorhanden.“

Vergleicht man die Ergebnisse mit denen für Köln und Düsseldorf, erfährt man, dass die Ruhrgebietsstädte imagemäßig weit hinter der rheinischen Konkurrenz zurückbleiben. So gaben die Befragten Köln die Schulnote 2,0 für touristische Attraktivität, während der Revier-Spitzenreiter Essen nur eine 2,6 bekam. Gelsenkirchen kam mit der Note 3,4 trotz Schalke-Arena und Nordsternpark nur auf den letzten Platz.

„Es liegt noch ganz viel im Argen,“ sagt deshalb auch Burkhard Koch, Geschäftsführer der Stageholding GmbH, die in Essen das Musical Aida vermarktet. Er kritisiert, dass die Region weiterhin zu sehr durch kommunale Grenzen zerteilt sei: „Die ExtraSchicht war ein gutes Beispiel für die Synergieeffekte, die im Ruhrgebiet erzielt werden können, wenn Kommunen über die Stadtgrenzen hinweg zusammenarbeiten und wenn Industriedenkmäler für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden.“

Überhaupt ist die Industriekultur das große „Alleinstellungsmerkmal“ des Ruhrgebiets, wie es Wolfgang Köppen von der Ruhrgebiet Tourismus GmbH (RTG) nennt. Er verweist darauf, dass nur wenige Leute aus dem Rest des Landes wegen der Natur ins Ruhrgebiet kommen. Die ehemaligen Industrieflächen, die heute oftmals für kulturelle Veranstaltungen genutzt würden, seien die eigentliche Attraktion der Region. Und diese „Leuchttürme“ gelte es zu stärken.

Köppen verweist auf das positive Beispiel der Essener Zeche Zollverein, die ihre Besucherzahlen im vergangenen Jahr auf mehr als 400.000 steigern konnte. „Die Leuchttürme müssen touristisch weiter erschlossen werden so wie wir das mit der Ansiedlung des Design-Zentrums auf dem Gelände von Zollverein geschafft haben. Zeche gucken alleine reicht halt nicht aus.“

Einwände, dass all die Industriekultur ein bisschen viel der Revier-Nostalgie sein könnte, werden von den Tourismus-Machern in der Region vernachlässigt. Aber wenn die Nostalgie-Welle mal abebben sollte, dann bleibt dem Ruhrgebiet immer noch der Fußball, um Touristenscharen anzulocken. Denn, auch das wissen wir nun dank der KVR-Studie, die Kicker liegen auf Platz zwei der Top-Attraktionen im Revier. ULLA JASPER