Gegen Gemeinheiten

Unter den Hamburgern wächst der Widerstand gegen Hartz IV: Nach Allianz im Süden gründet sich in Eimsbüttel ein weiteres Sozialforum gegen Abbau der Sicherungssysteme

In den Stadtteilen formiert sich Widerstand gegen den Sozialkahlschlag durch die rot-grüne Bundesregierung und den CDU-Senat. Mit dem Sozialforum Eimsbüttel gründete sich am Mittwochabend jetzt ein weiteres Regionalbündnis gegen das „Verarmungsprogramm Agenda 2010“. Konkreter Anlass der Allianz ist das neue Arbeitsmarktgesetz Hartz IV, mit dem in Hamburg Zehntausende Arbeitslosenhilfeempfänger zum Sozialfall werden. „Wir müssen der Reform nachhaltig widersprechen“, forderte Gründungsvater Rainer Schmidt, „und dazu brauchen wir eine radikale politische Kraft.“

Rund 60 Stadtteilbewohner waren zum Gründungstreffen in den Kulturverein Schanzenviertel gekommen – Mitinitiator Niko Warnke zufolge „ein bunter Mix aus Betroffenen und Linken“. Die Koalitionäre verstehen sich als Teilbündnis des Hamburger Sozialforums. Dazu hatten sich im Mai Vertreter von Gewerkschaften und Sozialverbänden mit attac-Mitgliedern und Initiativlern aus dem linken Spektrum zusammengetan. Das breite Bündnis sieht sich als außerparlamentarische Bewegung gegen den Abbau sozialer Sicherungssysteme. Vor Eimsbüttel hatte bereits der Hamburger Süden ein Teilbündnis organisiert, in Bergedorf und Nord sind weitere in Vorbereitung.

Viele Teilnehmer hatte Angst vor den Einschnitten durch das Hartz-Konzept, das für Langzeitarbeitslose nur noch eine Stütze unter Sozialhilfeniveau vorsieht, in den Kulturverein getrieben. „Das sind Gemeinheiten an den Leuten“, empörte sich einer. Auch viele Fragen über das Ausfüllen der dicken Anträge für das neue Arbeitslosengeld II (ALG II) kursierten. „Mir macht vor allem die damit einhergehende Abwertung meiner Person zu schaffen“, beklagte eine Frau. „Wir Arbeitslosen stehen sowieso schon völlig nackend da.“ Aber nicht nur gegen das ALG II richtete sich die Empörung. Kritik gab es auch an Billigjobs, Lohndumping, Zwangsdienst für Arbeitslose und der „Privatisierungswelle“. So müsse etwa die Teilprivatisierung der Hamburger Berufsschulen aufgehalten werden.

Um das zu erreichen, will die Initiative Widerstands-Strategien entwickeln. „In allen Stadtteilen müssen Pakte gegen den Umbau des Sozialstaates entstehen“, drängte Mitbegründer Schmidt. Um Verbündete zu gewinnen, soll es Flugblattaktionen geben. Andreas Grünwald vom Hamburger Sozialforum forderte die Eimsbüttler auf, „von Arbeitslosen bis zu Sozialverbänden“ Teilnehmer für eine im November geplante Demo gegen die Sparpolitik zu mobilisieren.

Die Eimsbüttler wollen ihre Kritik zunächst in Arbeits- und Sozialämtern vorbringen und dort „spontan die Abläufe stören“. Als erste Aktion ist am Donnerstag, 5. August, ab 17 Uhr eine Forumssitzung im Foyer des Eimsbüttler Bezirksamtes, Grindelberg 66, geplant. EVA WEIKERT