Klick und schwitz

Die Strecke ist noch streng geheim, die Themen sowieso – aber ab sofort kann man sich für „fotogehn_04“ anmelden, den erstmals veranstalteten 12-stündigen Fotomarathon. Die erwartete Beute: nicht weniger als 7.200 Bremenbilder

Mitzubringen sind: eine leere Kamera – egal, ob Modell „Ritsch-Klick“ oder Spiegelreflex – und Kondition für 12 Stunden. Schließlich ist der Bremer Fotomarathon („fotogehn_04“) kein ästhetisches Flanieren, sondern veritabler Sport. In Blöcken von drei Stunden werden jeweils sechs zu bearbeitende Bildthemen ausgegeben.

Der spezielle Kitzel: Man hat pro Aufgabe nur einen Versuch. Wer zu früh abdrückt, den bestraft das nächste Motiv. Nur der Preis selbst durchbricht das System, zu gewinnen sind hochwertige Digitalkameras – mit schier unbegrenzter Speicherkapazität.

Bei bisherigen Marathons in Berlin und Kopenhagen gab es Themen wie „Frauen und Kinder zuerst“, „Saubere Stadt“ oder „Du und Dein Garten“. Die Bremer Fotoaufgaben sind – genauso wie das Oberthema und die vorgesehenen Strecken – streng geheim. Die TeilnehmerInnen erfahren sie erst unmittelbar bei Beginn beziehungsweise im Lauf des Marathons, der am 18. September um 12 Uhr am Martinianleger startet. Mobiles Marathon-Zentralbüro ist die „Oceana“, die zwischen den Streckenabschnitten schwimmt.

Als Animation hat der Kubo zehn Flyer mit stadtbekannten Motiven gedruckt: „Wir wollten reine Klischees, und purer als Postkarte kriegt man das nicht“, sagt Detlef Roth vom veranstaltenden „Kultur- und Bildungsverein Ostertor“ (Kubo). Also habe man bei der Bremer Touristik Zentrale Ansichten von Roland, Rathaus, Werder und „Schulschiff Deutschland“-Chor geordert. Ob das wirklich die richtige Anregung für kreative – und individuelle – Bremenbilder ist? Roth: „Diese Karten sind derart klischeehaft, dass sie schon wieder neutral sind.“ Und insofern maximale Offenheit für eigene Ideen böten.

Der Kubo glaubt, 300 TeilnehmerInnen logistisch bewältigen zu können, die Jury wird also 7.200 Bilder sichten müssen. Dankenswerterweise will Photo Dose, der Hauptsponsor, die einzelnen Serien auf jeweils 4,20 Meter lange Bänder ziehen – die dann auch zur Gänze ausgestellt werden sollen. Angesichts dieser Dimensionen hatte Roth mit einer Ausstellung im Space Center geliebäugelt („mich haben die Absurdität der Anlage und ihre riesigen Räume gereizt“), von dort aber eine Abfuhr erhalten. Nun soll der ganze Segen im Speicher XI gezeigt werden – wo Roth nötigenfalls noch Zwischenwände einziehen will.

Bremen ist nach Berlin die zweite deutsche Stadt, die die Idee des Fotomarathons aufnimmt. Aber kann hier funktionieren, was in und für Metropolen wie Madrid, Kopenhagen und St. Petersburg entwickelt wurde? Sicher, meint Sandra Kuhne, Bremerin und Siegerin des Berliner Fotomarathons 2001. Freilich habe man das Konzept lokal anpassen müssen. So sei man vor die Frage gestellt worden, wo bei Dunkelheit in Bremen genügend los ist, um beim letzten Abschnitt (21 bis 24 Uhr) eine ausreichende Bildbandbreite zu ermöglichen.

Der Kubo will den Marathon nun alle zwei Jahre veranstalten, im Wechsel mit seinem Kunstpreis für zeitgenössische Fotografie. Für Kuhne besteht der Reiz darin, auf vorgegebene Themen reagieren zu müssen: „Es ist sehr spannend, wenn man sich 24 verschiedene Brillen aufsetzt.“ Da sie als „fotogehn“-Mitorganisatorin nicht selbst teilnehmen kann, ist sie vorige Woche noch einmal in Berlin gestartet: „Sonst hätte ich Entzugserscheinungen bekommen.“

Henning Bleyl

Anmeldung zur Marathon-Teilnahme (bis 9. September möglich) unter ☎ (0421) 760 26 oder www.fotogehn.de. Die Startgebühr inklusive Film, Entwicklung und Getränkegutscheinen beträgt 22 Euro, das Mindestalter (aus rechtlichen Gründen) 18 Jahre. Fotounerfahrene sind ausdrücklich erwünscht!