der kommentar
: Mit dem Zweiten paukt man härter

Das ZDF lässt die Lehrmethoden aus den 50ern wieder aufleben. Wie bitter!

Auf ihre Art waren die 50er-Jahre geradezu liberal, sie ließen Alternativen zu. Wenn ein Schüler an einem Diktat gescheitert war, konnte er wählen. Entweder zweimal abschreiben. Oder die Hände vorstrecken – um vom Lehrer mit einem Lineal auf die Finger zu bekommen.

Es war lächerlich, berichtet ein Zeitzeuge. Man kam nicht drumrum, es tat richtig weh – und nun kommt es wieder. Das ZDF ruft „die harte Schule“ aus der Adenauerzeit en miniature wach. Das Format ist eine Mischung von Doku-Soap und sozialem Experiment. Schüler und Lehrer werden im Stile der 50er-Jahre kaserniert, „um Alternativen zur herrschenden Schule aufzuzeigen“. So sagt es André Duck, Produzent der Doku. Er sieht einen „ernsthaften gesellschaftlichen Hintergrund“.

Damit hat er allzu Recht – leider. Keiner weiß, wie die Gesellschaft reagieren wird auf Drill und Gehorsam einer Paukanstalt. Werden sich die Nachmittags-vor-der-Glotze-Prols den Rohrstock als pädagogischen Zauberstab zurückholen? Oder erkennen sie, dass ein Berührverbot für Jungs und Mädels nicht mehr geht? Ein Rätsel bleibt, wie „Schloss Salem“ dem Reaktionären eine Bühne geben konnte. Die Schule gehört zum Progessivsten, was sich in Deutschlands Pädagogik finden lässt. Ihr Leiter, Bernhard Bueb, erwartet augenzwinkernd einen Schockeffekt. Wenn er sich da mal nicht täuscht in einem Land, das notorische Schwänzer wieder in staatlichen Arrest nimmt. CHRISTIAN FÜLLER