Eigentlich unüberschaubar aus Afrika

Im Düsseldorfer Museum Kunst Palast wird an diesem Wochenende die Ausstellung „Afrika Remix“ eröffnet. Das ist ein vorsichtiger Versuch, die Kunstszene eines Kontinents zu beleuchten, auf dem Künstler oft ohne irgendeine kulturpolitische Struktur existieren müssen

VON PETER ORTMANN

Mit ernstem Gesicht wandern die Journalisten durch die Räume des Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Kritische Blicke fallen auf Teppiche aus Kronkorken, geschweißte Stahltier-Skulpturen, manchmal wehen leise Trommelsequenzen herüber. Noch ist nicht alles aufgebaut, doch heute wird die Ausstellung „Afrika Remix“ am Rheinufer eröffnet. Da ist sich Kurator Simon Njami sicher.

Sein Kameruner Landsmann Barthélémy Toguo lacht und hüpft durch seinen Raum, in dem er neben einer Videoinstallation unzählige Fotos und Zeichnungen auf einem Gerippe aus Leisten montiert hat. Er ist mit dem Aufbau von „Innocent Sinners“ fertig und guter Laune. „Komm herein, wie geht es dir?“ Barthélémy sprüht nur so vor Lebensfreude, selbst der kritischste aller kritischen Blicke hellt sich da auf, kurz nur, doch das reicht völlig aus, um die grundverschiedene Haltung zum Leben in Europa und Afrika spürbar werden zu lassen. „In Afrika findet das tägliche Leben gemeinsam auf der Straße statt, voller Musik und Lebensfreude“, sagt Simon Njami. Doch der europäische Blick auf den schwarzen Kontinent sei immer noch folkloristisch verklärt und undifferenziert. Dort habe man sich wieder von der panafrikanischen Illusion entfernt, Afrika sei alles oder nichts. Zu wissen, was Afrika ist, bleibt ein Ding der Unmöglichkeit, schreibt Njami im Katalog.

Deshalb wollten die Ausstellungsmacher eine Übersicht zeigen über die zeitgenössischen Künstler eines ganzen Kontinents. Unüberschaubar, dennoch aber jenseits von Folklore und nur mit wenigen internationalen Größen, die auf der Welt zahlreiche Museen schmücken.

„Zum ersten Mal sind die Nord- Süd Unterschiede aufgehoben“, sagt Jean-Hubert Martin, die französische und angelsächsische Sicht auf Afrika finde gemeinsam statt. „Dies sei auch eine Antwort auf die Enttäuschung bei der letzten documenta in Kassel“. Martin beschreibt den Frust der Afrikaner, die es immer noch nicht fassen können, dass der Nigerianer Okwui Enwesor nur eine Handvoll Künstler von ihrem Kontinent eingeladen hatte. Die zu finden, sei auch nicht einfach, grinst Simon Njabi. Nur in wenigen Ländern seien kulturelle Strukturen mit Museen für zeitgenössische Kunst und Galerien vorhanden. Die meisten jungen Künstler müssten ohne sie auskommen. Kein Wunder, dass es viele nach Europa zöge. „Müssen sie sich dafür entschuldigen?“ fragt Njabi. Antworten will die Ausstellung nicht liefern, sie möchte Fragen stellen, die nie zuvor gestellt wurden. Sagt`s und präsentiert sein T-Shirt, auf dem Ussama Bin Laden und George Bush gemeinsam vor dem brennenden World Trade Center zu sehen sind. „Politism not war“ steht darunter.

Drei Themenkomplexe bringen etwas Ordnung in die chaotischen Landmasse. History & Identity reflektiert die von den Künstlern selbst erlebten kulturellen Brüche, so in der Videoinstallation „Down by the River“ von Ingrid Mwangi, die eine deutsche Mutter und einen kenianischen Vater hat. Oder in der Tati-Fotoserie von Samuel Fosso. Der zeigt Autoportraits, auf denen er auch schon mal goldbehangen im Leopardenfell den „Chef, der Afrika an die Kolonisten verkauft hat“ gibt. Unter City & Land ist dann mit Bodys Isek Kingelez einer der documenta-Künstler zu sehen. Er baut die futuristischen Architekturmodelle aus Plexiglas, die sterile, afrikanische Metropolen zeigen, wie sie nie existieren werden. Im Kontrast dazu zeigt GonÁalo Mabunda aus Mosambik Möbel aus verrosteten Kalaschnikows.

Dritter Kontext in den drei Etagen auf zwei Ebenen – eine Etage wurde in einem Saal speziell eingerüstet – ist Body & Soul, wo der Körper als Matrix künstlerischer Exkurse stattfindet. Hier finden sich deshalb die Kinderfotografien von Guy Tillim neben den Ölbildern von Richard Onyango, der junge Afrikaner vor mächtigen hellhäutigen Frauen flüchten lässt. Die Trommeln im Hintergrund haben immer noch nicht aufgehört. Sie gehören zu der Videoinstallation vom ägyptischen Künstler Moataz Nasr. Zu sehen sind da nur die flinken Hände des Tabla-Spielers auf seinem Instrument. Barthélémy Toguo kommt auch gerade vorbei, in der Hand die fast leere Mineralwasserflasche. Er lacht und winkt fröhlich. Irgendwas ist dran am zeitgenössischen Afrika, das uns Europäern leider immer verschlossen bleiben wird. Vielleicht hilft der besonders empfehlenswerte, umfangreiche Katalog weiter.

bis 7. November 2004, Di - So