Konzerne stehen auf der Leitung

Die Durchleitungsgebühren der großen Stromkonzerne sind immer noch so hoch, dass praktisch kein Wettbewerb entsteht, bemängeln Verbraucherschützer. Die Anbieter wollen davon nichts hören

VON ELMAR KOK

Seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 nehmen in Nordrhein-Westfalen die Anfragen zu einem Anbieterwechsel immer mehr ab. „Wir haben zu dem Thema in den Verbraucherzentralen praktisch keinen Bedarf mehr“, sagt Albrecht Morguet von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das liegt aber nicht daran, dass mittlerweile jeder Privatkunde seinen günstigsten oder umweltfreundlichsten Anbieter gefunden hat. Denn „die Hürden für einen Wechsel sind seit der Marktliberalisierung immer höher geworden“, sagt Morguet. Auch die Preise, die von den großen Konzernen bei einem Anbieterwechsel verlangt würden, seien viel zu hoch, beschwert sich der Verbraucherschützer.

Die großen Konzerne, die die Netze besäßen, verlangten für die Durchleitung des Stroms zum Endkunden viel zu hohe Gebühren, erklärte unlängst die Vorsitzende des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Edda Müller. „Die Haushalte in Deutschland zahlen 5 Milliarden Euro zu viel für ihren Strom“, sagt Müller. Im europäischen Vergleich liegen die Strompreise für den Endverbraucher rund 20 Prozent über dem Durchschnitt. Die großen Kontrolleure des deutschen Stromnetzes sind die beiden nordrhein-westfälischen Konzerne Eon und RWE, die zusammen zwei Drittel des deutschen Netzes betreiben.

Die Konzerne begründen die hohen Preise für die Durchleitung des Stroms mit den Kosten für das Erhalten und Betreiben der Netze. Nach Angaben der Verbraucherschützer haben sich die Kosten für die Durchleitung im Vergleich zum Zeitraum vor der Liberalisierung mehr als verdoppelt. Dagegen hätten die Konzerne im Durchschnitt nur noch zehn Prozent der Nutzungsentgelte für Investitionen in die Netze ausgegeben.

„Diese Angaben sind schlichtweg falsch“, sagt Wolfgang Schley, Sprecher der RWE Energy. Zudem könne Deutschland nicht mit anderen europäischen Ländern wie beispielsweise den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern verglichen werden. „Der Verkabelungsgrad in Deutschland ist sehr hoch. Zudem haben die Niederlande beispielsweise eine viel höhere Siedlungsstruktur“. Das niedrigere Nutzungsentgelt pro Kilowattstunde in Skandinavien ließe sich einfach erklären. „Die haben einen höheren Verbrauch“, sagt Schley. Dass der Strom sich seit 1998 verteuert habe, „liegt an den zusätzlichen staatlichen Abgaben“. Dass es erneut Streit um die Nutzungsentgelte gibt, liegt am Bundeswirtschaftsministerium von Wolfgang Clement (SPD). Dessen Behörde hatte es nicht geschafft, den von der EU-Kommission zum 1. Juli geforderten „regulierten Netzzugang“ in ein Gesetz umzusetzen.