Palette putzen

Senats-kritische Drogenhilfeeinrichtung muss Standort in der Altonaer Schillerstraße zum Herbst schließen und die Hälfte der MitarbeiterInnen entlassen. Gesundheitsbehörde will nicht einmal Abfindungen in Höhe von 150.000 Euro übernehmen

Von Marco Carini

Aus, Schluss, vorbei: Aufgrund radikaler Sparmaßnahmen muss die Drogeneinrichtung „Palette“ ihr Hilfszentrum an der Schillerstraße in Altona, einen von drei Standorten, zum 1. Oktober schließen. 16 Palette-MitarbeiterInnen soll noch im August gekündigt werden. Doch damit nicht genug: Die rund 150.000 Euro betragende Abfindungssumme, die aufgrund der von der Gesundheitsbehörde verfügten Sparmaßnahmen fällig wird, will diese wie schon bei der Schließung des Fixstern nicht übernehmen. Behördensprecher Hartmut Stienen: „Nach allen Erfahrungswerten glaube ich nicht, dass wir uns daran beteiligen.“ Eine endgültige Entscheidung soll im August erfolgen.

Bereits im Februar war Palette mitgeteilt worden, dass sie 160.000 Euro ihres 1,9 Millionen Euro betragenden Gesamtbudgets kurzfristig einsparen müsse. Fünf TherapeutInnen wurden daraufhin auf die Straße gesetzt. Im Mai erfuhr Palette-Geschäftsführer Rainer Schmidt von der Behörde dann, dass dem Träger weitere Kündigungen im Verwaltungsbereich und in der offenen Arbeit abverlangt werden sollten.

Die Hälfte der 32 verbliebenen festangestellten Palette-Mitarbeiter, die in den Drogenhilfestandorten Paulinenallee (Eimsbüttel), Bartelsstraße (Schanzenviertel) und Schillerstraße arbeiten, muss vom Träger deshalb jetzt zum Oktober und zum Jahresende entlassen werden. Den übrigen MitarbeiterInnen droht eine von der Behörde verfügte Herabgruppierung in ein niedrigeres Gehaltsniveau. Mit einer Schließung der Schillerstraße verlieren vor allem drogenabhängige Frauen eine Anlaufstelle, in der sie psychosozial betreut und bei der Lösung ihrer sozialen Probleme unterstützt werden.

Dass die rund 140 bislang in der Schillerstraße betreuten KlientInnen nun mit halbiertem Personal in den beiden verbleibenden Standorten angemessen versorgt werden sollen, hält Palette-Betriebsrätin Ulrike Winkelmann „für faktisch nicht leistbar“. Nicht leistbar ist für den finanziell trockengelegten Träger auch, den zwischen Palette-Geschäftsführung und Betriebsrat aufgrund bindender Vorschriften vereinbarten Sozialplan mit einem Gesamtvolumen von 153.000 Euro zu finanzieren. „Da die Behörde uns zu diesen Entlassungen zwingt, steht sie auch in der Pflicht, diese Kosten zu übernehmen“, fordert Winkelmann. Unterstützung erhält sie dabei von der zuständigen ver.di-Fachbereichsleiterin Angelika Detsch: „Die Behörde steht hier in der Verantwortung.“

Klar ist: Ohne Abfindungen wird kaum eineR der Beschäftigten freiwillig gehen. Arbeitsgerichtsverfahren drohen, deren Folgekosten der Träger nicht wuppen kann. Und „für das kommende Jahr wurden uns bereits weitere Streichungen in Aussicht gestellt“, weiß Winkelmann. Als offenes Geheimnis gilt, dass dem verdienten Drogenhilfeträger so ganz der Garaus gemacht werden soll. Denn die Palette, die den Senatskurs der Ausstiegsorientierung um jeden Preis immer wieder kritisch hinterfragt, ist der Behörde ein Dorn im Auge.

Auch dass die Palette-KlientInnen hunderte Unterschriften für den Erhalt des Hilfsangebotes Anfang Mai an Gesundheitsstaatsrat Dietrich Wersich übergaben, konnte den CDU-Politiker nicht umstimmen. Winkelmann: „Es gibt in der Behördenspitze überhaupt kein Interesse daran, zu beleuchten, ob wir gut arbeiten oder nicht.“