Rektoren lehnen Landeskinder-Modell ab

Einstimmig hat sich die Landesrektorenkonferenz gegen Studiengebühren für Nicht-Bremer ausgesprochen. Ein Aufwand, der in keinem Verhältnis zum Ertrag stehe, kritisieren die Rektoren. Im schlimmsten Fall zahlen die Hochschulen sogar drauf

Bremen taz ■ Die Bremer Hochschulrektoren stellen sich gegen die große Koalition, die Gebühren für auswärtige Studierende zum Sommersemester 2005 einführen will. Einstimmig habe sich am Montag die Landesrektorenkonferenz gegen die von SPD und CDU verfolgte „Landeskinder-Regelung“ ausgesprochen, sagte gestern der Rektor der Universität Bremen, Wilfried Müller.

Nach dem Koalitions-Modell sollen alle, die nicht in Bremen mit erstem Wohnsitz gemeldet sind, 500 Euro Gebühren zahlen. Darauf hatten sich Anfang Juli die Fraktionschefs von CDU und SPD geeinigt. 30 Millionen Euro verspricht sich die Koalition von diesem Deal – da jeder Einwohner Bremen über den Länderfinanzausgleich etwa 3.000 Euro in die Landeskasse bringen würde. Was der SPD als prima Plan erscheint, um „langfristig Gebühren zu vermeiden“, stößt bei den Rektoren auf Ablehnung. „Einen unverhältnismäßigen Aufwand“, kritisiert Müller. Und das ohne Gegenleistung. Denn die Hochschulen sehen nur das Geld, das diejenigen berappen müssen, die sich nicht ummelden können oder wollen. Viel wird das nicht sein, wie der Vergleich mit Hamburg zeigt. Dort wurde die Landeskinder-Regelung zum Sommersemester dieses Jahres eingeführt. 7.200 neue Einwohner hat das dem Land gebracht, der Universität mit ihren 40.000 Studierenden jedoch nach Informationen des dortigen Zentrums für Studierende nur schlappe 130 GebührenzahlerInnen. Für diese magere Ausbeute muss ein hoher Aufwand betrieben werden. Mindestens 200 Studierende müssten an der Bremer Uni zahlen, damit die Kosten wieder reinkommen, schätzt Christina Vocke, Leiterin des Dezernates für studentische Angelegenheiten an der Universität Bremen. Dabei hat die Bremer Uni nur halb so viele Studierende wie die in Hamburg.

In jedem Fall müsste mehr Personal eingestellt werden: Mit fünf Stellen verteilt auf alle vier Hochschulen im Land Bremen, rechnen die Rektoren. Bisher erfolgt die Rückmeldung per Zahlung des Semesterbeitrages, ein Verfahren, das die Uni vor einigen Jahren eingeführt hatte, um Personal zu sparen – und das der Rechnungshof 1999 den anderen Hochschulen nahe gelegt hatte. Jetzt müsste wieder umgestellt werden auf Einzelfallprüfung, da die Studierenden zwei Mal im Jahr zu Semesterbeginn ihren Wohnsitz per Meldebescheinigung nachweisen müssten, sagt Vocke. Arbeit mache vor allem die erste Überprüfung der 22.000 Studierenden. Hinzu komme, dass erfahrungsgemäß rund 5.000 von ihnen der Aufforderung nicht nachkommen würden: „Die müssen gemahnt werden, einige werden anrufen und um Ausnahmen bitten.“ Was sie besonders ärgert: Die Studierenden hätten ebenfalls wieder mehr Aufwand, wenn sie nicht sogar zahlen müssten, einen Vorteil aber können sie nicht daraus ziehen. Die Mehreinnahmen aus dem Länderfinanzausgleich sollen nach den Plänen der Koalition unter anderem ein kostenfreies Kindergartenjahr finanzieren – von einer verbesserten Ausstattung der Hochschulen war bisher keine Rede.

„Das ist eine Instrumentalisierung der Hochschulen“, kritisiert der Konrektor der Hochschule Bremerhaven, Peter Ritzenhoff. „Problematisch“ sei außerdem der Zeitpunkt, so Unirektor Müller. Zu Beginn des nächstes Jahres wird erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht das Verbot von allgemeinen Studiengebühren aufhebt. Wenn Niedersachsen, wie angekündigt, Studiengebühren einführt, könne das den „Run auf die Bremer Hochschulen erhöhen“, hatte der Rektor der Hochschule Bremen, Elmar Schreiber, kritisiert. Weil dann Zulassungsbeschränkungen notwendig würden, müssten sich Bremer Abiturienten verstärkt „um Studienplätze in anderen Bundesländern bemühen“ – und dort höchstwahrscheinlich Studiengebühren zahlen, befürchtet Schreiber. „Eine soziale Schieflage, die so sicher nicht gewollt ist.“ Eiken Bruhn