Ordentlich Wind um Tempelhof

Das Bundesfinanzministerium klagt gegen das pünktliche Aus für den Flughafen Tempelhof am 31. Oktober. Ändern wird das aber nicht viel: Denn grundsätzlich will auch der Bund die Schließung

VON FELIX LEE

Viel Luft um nichts? Die Klage des Bundes, die angeblich die geplante Schließung des Flughafens Tempelhof gefährdet, könnte sich als Luftblase erweisen. Denn der Bund hält an dem mit den Ländern Berlin und Brandenburg vereinbarten Konsensbeschluss fest, den innerstädtischen Flughafen Tempelhof bis spätestens 2006 zu schließen. Zwar hat das Bundesfinanzministerium – vertreten durch die Oberfinanzdirektion Berlin (OFD) – gegen den Stilllegungsbescheid geklagt. Doch auf einen langfristigen Weiterbetrieb können die verbliebenen Fluggesellschaften nicht hoffen.

Hintergrund der Klage ist der Stilllegungsbescheid der Luftfahrtbehörde, die der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung des Landes Berlin untersteht. Der Senat hatte die Berliner Flughafen-Gesellschaft (BFG) zum 31. Oktober von der Betriebspflicht befreit. Seitdem geht die BFG davon aus, nicht mehr für die immens hohen Betriebskosten aufkommen zu müssen. Das befürchtet zumindest der Bund, der das denkmalgeschützte Gebäude dann früher zurücknehmen müsste und damit großenteils auf den Betriebskosten sitzen bliebe. 85 Prozent des massiven Bauwerks gehören nämlich dem Bund, nur 15 Prozent dem Land Berlin. Mit vielen Nachmietern ist für das gigantische Bauwerk vorerst nicht zu rechnen. Vereinbart war eigentlich, dass die BFG noch so lange die vertraglichen Pflichten einhält, bis über den Ausbau des Flughafens Schönefeld eine Baugenehmigung vorliegt – womit der Bund frühestens 2006 rechnet.

Bei der Klage handele es sich nur um ein vorsorgliches Rechtsmittel, „um ggf. rechtliche Einwände gegen die vorzeitige Beendigung des Nutzungsverhältnisses erheben zu können“, heißt es beschwichtigend aus dem Bundesfinanzministeriums. In der Tat sieht es ganz danach aus, dass BFG, Land Berlin und Bund sich außergerichtlich einigen werden. Denn es wird letztlich darum gestritten, wer die Betriebskosten für ein paar Monate, höchstens eineinhalb Jahre übernimmt. Für den Fall, dass es bei der Einstellung des Flugbetriebs am 31. Oktober dieses Jahres bleibt, hat die BFG bereits zugesichert, sich frühestens im Juli 2005 aus ihren Verpflichtungen herauszuziehen. So lange benötige sie für die „vernünftige Übergabe“, wie BFG-Sprecherin Rosemarie Meichsner es bezeichnet. Auch Petra Rohland, Sprecherin der Senatsbauverwaltung, ist deshalb zuversichtlich, dass die OFD die Klage zurückziehen wird: „Politisch wollen Bund, Land und Flughafenbetreiber doch alle dasselbe.“

Unterstützung erhalten die Tempelhof-Gegner ausgerechnet von der Lufthansa AG. Ihr Sprecher Wolfgang Weber zeigte vollstes Verständnis, dass die BFG bei zweistelligen Millionenverlusten im Jahr den City-Airport nicht weiterführen möchte. Da die Betriebsergebnisse von Tegel und Tempelhof zusammengeführt werden, müsse jeder Fluggast in Tegel letztlich für die Defizite in Tempelhof aufkommen. Und das könne doch keinem länger zugemutet werden, meint Weber.

Die Klagen der in Tempelhof verbliebenen Linienverkehrsgesellschaften bleiben damit die einzigen Rechtsmittel, die der baldigen Schließung tatsächlich im Wege stehen könnten. Ende August oder Mitte September wird das Oberverwaltungsgericht wahrscheinlich über einen Eilantrag entscheiden.

Wird dem stattgegeben, muss Tempelhof so lange offen bleiben, bis die eigentliche Klage der Airlines entschieden ist – und das könnte den Bewohnern von Neukölln, Tempelhof und Friedenau tatsächlich noch ein paar Jahre mehr das laute Rattern und Dröhnen der Flugzeugmotoren bescheren.