Lehrernachwuchs gefrustet

Stau bei der Referendarsausbildung: Bildungsbehörde ließ im Frühjahr ein Semester aus, jetzt bekommen selbst Bewerber mit Einser-Noten keinen Platz

Lehramtsstudent Alexander Molnau* ist gefrustet. Als er im Februar sein Examen für Lehramt Oberstufe mit der Note 1,5 bestand, erhielt er im Anschluss nicht den erwarteten Referendariatsplatz. Die Bildungsbehörde stellte zum 1. Februar gar keine Referendare für den höheren Dienst ein, weil sie die Ausbildung von zwei auf anderthalb Jahre verkürzen wollte und es dafür noch keine beamtenrechtliche Grundlage gab. An die Schulen kam lediglich der Nachwuchs für Grund- und Mittelstufen.

Zum 1. August gibt es die neue beamtenrechtliche Grundlage immer noch nicht. Das Thema werde beim Innenministerium beraten, heißt es in der Antwort auf eine kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Britta Ernst. Dennoch wurden diesmal wieder 135 Referendare für besagten höheren Dienst eingestellt, davon 65 an Gymnasien, 41 an Berufsschulen und 29 an Sonderschulen. Das fehlende halbe Jahr, so der Senat, sollten die künftigen Lehrer durch Praktika ausgleichen, was laut Laufbahnverordnung künftig möglich sei.

„Ein bisschen windig“, nennt Britta Ernst diese Lösung. So hätten nicht alle Referendare Praktika nachzuweisen, auch sei besagte Verordnung ebenfalls nicht fertig. Ernst vermutet nun, dass es nicht juristische Gründe, sondern schlichte Sparabsicht war, den Februar-Lehrgang auszulassen. „Wir haben ja gar nichts gegen die Verkürzung“, sagt die Sozialdemokratin. Doch hätte sie die so eingesparten Ressourcen lieber in eine verbesserte Ausbildung investiert. So war unter Rot-Grün geplant, die Verkürzung mit einer Berufseinstiegsphase zu verbinden, einer Betreuung eben dann, wenn die Lehrer die Probleme des Schulalltags kennen lernen.

„In der Lehrerbildung darf man nicht sparen“, sagt GEW-Sprecherin Ilona Wilhelm, die kritisiert, dass zudem der bedarfsdeckende Unterricht, den die frisch von der Uni kommenden Pädagogen allein vor der Klasse geben sollen, in vollem Umfang weiter gegeben werden muss. Bislang waren sechs Stunden Pflicht. Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) hatte versprochen, dies auf vier Stunden zu reduzieren. Aber daraus wurde nichts. Künftig kann das erste Halbjahr zwar unterrichtsfrei sein, dafür müssen die angehenden Lehrer im zweiten und dritten Semester aber gleich neun Stunden am Pult stehen.

Alexander Monau würde dies sogar in Kauf nehmen, bekäme er doch nur überhaupt einen Fuß in die Schultür. Denn inzwischen, so berichtet er, hat sich bei den Referendariatsanwärtern ein großer Stau gebildet. Selbst ein Kommilitone mit Bestnote 1,0 habe zum 1. August keinen Platz bekommen. Eine Chance, so erfuhr er, hätte er auf der Warteliste in drei Jahren.

„Wir bilden zu wenig aus, hier wird Lehrermangel für die Zukunft produziert“, prophezeit Britta Ernst. Ab dem nächsten Jahr gingen jährlich 600 bis 800 Lehrer in Pension. KAIJA KUTTER

* Name geändert