Blairs Fürst der Finsternis

Peter Mandelson wird EU-Kommissar, weil Tony Blair ihn nach zwei Rücktritten nicht mehr zum Minister machen kann

Alte Liebe rostet nicht. Der britische Premierminister Tony Blair hat seinen langjährigen Weggefährten Peter Mandelson als neuen EU-Kommissar nominiert. Kommissionspräsident José Manuel Barroso muss dieser Nominierung zustimmen, auch wenn er sagte: „Ich hoffe, der britische Premierminister legt mir gute Namen vor, denn ich denke, dass es sehr wichtig für Europa ist, die besten Leute in der Europäischen Kommission zu haben.“

Doch Mandelson hat schon lange keinen guten Namen mehr. Er ist der einzige Politiker in der britischen Geschichte, der zweimal aus derselben Regierung zurücktreten musste. Schon unter Blairs Vorgänger Neil Kinnock war Mandelson Chef der Labour-Presseabteilung. Obwohl er eng mit Schatzkanzler Gordon Brown befreundet war, unterstützte er dessen Rivalen Blair bei der Wahl zum Labour-Chef, weil er auf der Siegerseite stehen wollte. Mandelson war der wichtigste Architekt von „New Labour“. Er agierte hinter den Kulissen, um die Partei auf gemäßigten Kurs zu bringen. Damit machte er sich im eigenen Lager viele Feinde, doch Blair erwies sich als dankbar.

Nach dem Labour-Wahlsieg 1997 machte er Mandelson zum Minister ohne Geschäftsbereich. Weil er niemandem außer Blair rechenschaftspflichtig war, gaben ihm die Medien den Spitznamen „Fürst der Finsternis“. Für Mandelson wurde der Begriff „Spin Doctor“ erfunden, weil er Nachrichten stets einen eigenen regierungsfreundlichen Dreh gab.

Bei der Kabinettsumbildung 1998 erhielt Mandelson das Ministerium für Industrie und Handel. Wenige Monate später musste er das Amt niederlegen, weil er einen günstigen Privatkredit des damaligen Labour-Zahlmeisters Geoffrey Robinson von 370.000 Pfund für ein Haus im eleganten Londoner Stadtteil Notting Hill verschwiegen hatte. Vermutlich wurde er aus den eigenen Reihen verpetzt.

Kein Jahr später holte ihn Blair als Nordirlandminister ins Kabinett zurück. Abermals hielt er sich dort nicht lange. Im folgenden Jahr trat er wegen seiner Rolle beim Einbürgerungsantrag des indischen Milliardärs Srichand Hinduja zurück. Mandelson hatte sich dafür eingesetzt, dass Hinduja einen britischen Pass bekam. Im selben Monat stiftete der eine Million Pfund für den „Millennium Dome“, Labours Prestigeprojekt, für das Mandelson damals zuständig war. Sechs Monate nach Antragstellung bekam Hinduja seinen Pass. Normalerweise dauert das anderthalb Jahre.

In der Labour Party ist man über Mandelsons Nominierung gar nicht glücklich. Der schottische Abgeordnete Ian Davidson vermutet, dass Blair von Mandelson hypnotisiert worden ist. „Es ist ein Beispiel für die Arroganz der Labour-Partei“, sagte er. „Wir sagen damit, dass wir nirgendwo in der Partei talentierte Leute für den Job gefunden haben.“ Die EU-Kommission ist der Trostpreis für Mandelson, weil Blair ihn nicht noch einmal ins Kabinett holen kann.

RALF SOTSCHECK