verschweigen wird bestraft

Bafög: Der Mittelstand und seine Ersparnisse

Jeder zehnte Bafög-Empfänger in Deutschland soll sich am Staat bereichert haben. Über 100 Millionen Euro Schaden stellen die Bundesländer jetzt in Rechnung. Neue Zahlen eines lange schwelenden Skandals. Allein in Nordrhein-Westfalen müssten mehr als 5.200 Studierende Bafög Euro zurückzahlen – in Höhe von zum Teil mehreren tausenden Euro. In 234 Fällen wirft das dortige Wissenschaftsministerium den Studierenden sogar kriminelle Energie bei der Verschleierung des Vermögens vor.

Unwissenheit schütz vor Strafe nicht, sagt eine Volksweisheit. Wer Erspartes nicht angegeben hat, kann heute schlecht Unschuldigkeit geltend machen, weil er vom Betrug nichts gewusst haben will. In der Praxis ging die Sache so: Die Höhe des Freibetrags bei der Anrechnung der Bafög-Summe war bekannt, früher 3.100 Euro. Seit letztem Juli ist er auf 5.200 Euro gestiegen. Der Ehrliche ist der Dumme. So lautete das selbstbetrügerische Credo der Eltern, die ihre Kinder gerne studieren sahen – ohne für die Kosten allein aufkommen zu wollen. Obwohl sie es gekonnt hätten. Warum alles alleine zahlen und auf Wohlstand verzichten, wenn alle anderen auch tricksen? Die Grenze zwischen „Schummelei“ und Betrug ist schnell überschritten. Die letzte Bafög-Reform im April 2001 hatte der Studienförderung wieder Reputation – und Zulauf verschafft. Wer aber heute staatliche Hilfe fürs Studium beantragt, steht schnell als „Betrüger“ dar. Der Bafög-Skandal kommt zur Unzeit. LAURA MÜLLER