Anschlag auf UN-Sitz

Mindestens 13 Tote und Dutzende Verletzte bei Attentat auf UN-Büro von Bagdad. Unter den Verletzten auch UN-Sondergesandter Vieira de Mello

BAGDAD/BERLIN rtr/afp/ap ■ Ein Bombenanschlag auf das UN-Büro in Bagdad hat gestern das halbe Gebäude zerstört, mindestens 13 Menschen getötet und Dutzende verletzt, viele von ihnen schwer. Unter den Opfern ist auch der Irak-Gesandte der UNO, Sergio Vieira de Mello. Er wurde in seinem Büro verschüttet. Bis gestern Abend konnte er noch nicht geborgen werden und gab unter den Trümmern auch kein Lebenszeichen mehr von sich. Auch ein ranghoher Mitarbeiter des Kinderhilfswerks Unicef soll schwer verletzt worden sein.

Die Bombe explodierte laut Zeugenaussagen in einem gelben Zement-Lastwagen, der direkt unter dem Büro de Mellos entweder gegen die Wand fuhr oder parkte. „Ich vermute, dass de Mello das Ziel des Anschlags war“, sagte UN-Sprecher Salim Lone der BBC. Die Fassade der UN-Zentrale stürzte ein. Die Detonation erschütterte die Gegend in einem Umkreis von zwei Kilometern.

Rund 300 Menschen waren zur Zeit der Explosion im UN-Quartier tätig, das seit vielen Jahren in dem dreistöckigen Bau untergebracht ist. Im Volksmund heißt er „Hotel Canal“ nach dem Kanal, der dahinter liegt. 1991 bis 1998 und von November 2002 bis Kriegsbeginn im März hatten die UN-Waffeninspekteure dort ihren Sitz.

Das New Yorker UN-Hauptquartier hatte unmittelbar nach dem Bombenanschlag den Kontakt zur Vertretung in Bagdad verloren. Es wurde sofort ein Krisenstab in New York gebildet. UN-Generalsekretär Kofi Annan brach seinen Urlaub in Finnland ab und trat die Heimreise nach New York an. „Ich bete, dass Sergio Vieira de Mello, der so hart an der Erfüllung seiner Aufgabe gearbeitet hat, in Sicherheit gebracht und vollständig geheilt wird“, sagte er. Der UN-Sicherheitsrat erklärte, die Vereinten Nationen werde ihre Arbeit im Irak auf alle Fälle fortsetzen. Der syrische Vorsitzende des Sicherheitsrats, Faissal Mekdad, sagte: „Solche Terrorakte können nicht den Willen der internationalen Gemeinschaft brechen, ihre Anstrengungen zur Hilfe für das irakische Volk weiter zu intensivieren.“

Gestern Mittag, wenige Stunden vor dem Anschlag, war bekannt geworden, dass Vizepräsident Taha Jassin Ramadan, der Stellvertreter von Expräsident Saddam Hussein, im nordirakischen Mossul gefasst wurde. Obwohl sich der 65-Jährige als Beduine verkleidet hatte, stellten ihn Mitglieder der Patriotischen Union Kurdistans, PUK, meldete der arabische TV-Sender al-Dschasira. Ramadan sei vor der Festnahme etwa zwei Wochen lang beobachtet worden. Er sei mit einem Hubschrauber in ein US-Gefängnis in Bagdad gebracht worden.

Der 65-jährige Ramadan, Hardliner im Regime von Saddam Hussein, steht an 20. Stelle der 55 meistgesuchten Iraker auf der US-Fahndungsliste. Ihm werden mehrere Kriegsverbrechen zur Last gelegt, darunter der Überfall auf Kuwait 1990. Ramadan soll auch an der blutigen Niederschlagung der Schiiten-Aufstände 1991 sowie am Giftgasangriff auf Halabscha 1988 beteiligt gewesen sein.