Ausgeflippte Suche

Ausgehend von der arabischen Tradition begibt sich der Komponist, Oud-Spieler und Jazzmusiker Rabih Abou-Khalil auf eine musikalische Suche über alle Grenzen. Heute stellt er in der Fabrik sein Gedicht-Projekt „Em Português“ vor

Nicht das musikalische Experiment, sondern die Suche ist es, die die Musik des im libanesischen Beirut geborenen Komponisten, Oud-Spielers und Jazzmusikers Rabih Abou-Khalil auszeichnet. Genauer: eine von Rhythmus angetriebene und zutiefst in Traditionen verwurzelte Suche. Eine Verwurzelung indes, die Abou-Khalil von allen Seiten untersucht, wobei der 1978 vor dem libanesischen Bürgerkrieg nach München geflohene studierte Musiker keine Angst vor Grenzübertritten hat. Die Grundlage seiner Spielweise stellt indes immer die arabische Musiktradition dar, die vermittels Improvisation weiterentwickelt und in einen Jazzkontext gestellt wird.

Auf seiner Suche arbeitet Abou-Khalil dabei gern mit anderen Grenzgängern zusammen. Das deutsche „Ensemble Modern“ gehört da genauso dazu wie das avantgardistische Streichquartett Alexander Balanescus und Jazzer wie der Saxophonist und Flötist Charlie Mariano und der Perkussionist und Komponist Glen Velez.

Das Hauptinstrument des studierten Querflötisten ist dabei bis heute der Oud, die orientalische Variante der Kurzhalslaute, die in der arabischen Welt so populär ist, wie in der westlichen Pop-Musik die Gitarre oder das Klavier, und deren Spiel er so virtuos beherrscht wie wenige andere.

In den letzten Jahren hat Abou-Khalil noch einmal bislang unbekanntes Terrain erschlossen. Das gemeinsam mit dem Lissaboner Sänger Ricardo Ribeiro realisierte Projekt „Em Português“ ist dabei für den ewig Suchenden „das Ausgeflippteste“, was er bisher gemacht hat. Als der Direktor des Theaters in Porto vor fünf Jahren vorschlug, portugiesische Gedichte zu vertonen, Poeme in einer Sprache, die er damals nicht verstand, kam es ihm wie ein surreales musikalisches Abenteuer vor, als „würde man einen afghanischen Komponisten fragen, ob er nicht auf Deutsch Goethe-Gedichte vertonen wolle“. Als besonderer Glücksfall für das Projekt erwies sich dabei letztlich die Begegnung mit Ribeiro, einem jungen Sänger, der bislang ausschließlich in der klassischen Fado-Szene aktiv war. Denn Ribeiro ist in der Lage, Abou-Khalils Kompositionen zu singen, als wären es seine eigenen: rhythmisch und melodisch meistert er die schwierigen Taktarten und ungewöhnlichsten Melodiebögen des Libanesen souverän.

Morgen Abend stellt Rabih Abou-Khalil sein Gedicht-Projekt in der Fabrik vor. Begleitet wird er dabei von einer hochkarätigen Band: Die Tuba spielt der Franzose Michel Godard, ein profilierter Jazzmusiker, der auf seinem Instrument mehrstimmige Spieltechniken einsetzt. Am Schlagzeug sitzt der US-Amerikaner Jarrod Cagwin, der seit 1999 Mitglied in Abou-Khalils Band ist. Dazu stößt schließlich noch der italienische Jazz-Akkordeonist Luciano Biondini.

ROBERT MATTHIES

Do, 19. 2., 21 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36