Menschenunwürdige Schlafgelegenheiten

Die Männer, die auf der Baustelle des neuen Kohlekraftwerks Moorburg arbeiten, leben unter unwürdigen Bedingungen. Das zuständige Bezirksamt schlägt vor, sie auf einem ehemaligen Asylantenschiff unterzubringen

Jeden Morgen um die selbe Zeit rollt ein kleiner Lastwagen durch die Eddelbüttelstraße in Hamburg-Harburg und hält vor dem Haus ganz am Ende der Straße. Die Nachbarn können dann beobachten wie etwa 50 dunkle Gestalten durch die Dämmerung schlurfen. Sie steigen in den Wagen, der wenige Momente später wieder verschwindet. Nachbarn, die versuchten Kontakt zu den Gestalten aufzunehmen scheiterten. Kaum einer der Arbeiter, die sich von hier aus täglich auf den Weg zur Vattenfall-Baustelle in Moorburg machen, spricht deutsch.

Insgesamt 850 Arbeiter sind auf der Baustelle für das neue Kraftwerk beschäftigt. Bis nächstes Jahr sollen es 2.500 werden. „Ich weiß nicht, wie man sich das vorgestellt hat,“ sagt Torsten Meinberg, Leiter des Harburger Bezirksamts, „wo sollen die alle unterkommen?“ Ein Sprecher von Vattenfall erklärte, dass man sich dafür nicht zuständig fühle. Unterkunft und Anreise der Arbeiter lägen in der Hand der Sub-Unternehmer.

Wenn der Lastwagen die Arbeiter abends vor dem Eckhaus in der Eddelbüttelstraße wieder absetzt, erwartet sie wenig Ansehnliches. Die Schlafgelegenheiten sind, wie es einer der Bewohner des Hauses ausdrückt, „menschenunwürdig“.

Der Geruch von alten Bier und Urin liegt in der Luft. In den oberen Stockwerken ist der Gestank am schlimmsten. Ohne jegliche Privatsphäre wohnen die Arbeiter hier auf engsten Raum zusammen. Bis zu sechs Männer schlafen in einem kleinen Zimmer. Acht Männer teilen sich eine 53 Quadratmeter große Wohnung mit spärlichem Bad. Der Rand der kleinen Dusche ist von einer dicken schwarzen Schimmelschicht überzogen.

Obwohl es eine Koch-Nische gibt, habe er in den knapp sechs Monaten, die er hier lebt, noch nicht einmal gekocht, sagt einer der Arbeiter. Es sei ihm zu schmutzig. Außerdem gebe es weder Besteck noch Geschirr.

Auch das Bezirksamt Harburg interessiert sich für die Unterkunft. Am Dienstag haben Mitarbeiter des Amtes gemeinsam mit der Polizei die Wohnräume besichtigt. Gegen den Eigentümer werde jetzt ermittelt, hieß es kurz darauf aus dem Amt. Das Gebäude sei als Wohnhaus deklariert und für kurzfristige Unterbringung nicht geeignet. Es fehlten beispielsweise Flucht- und Rettungswege.

Auch andere Arbeiter der Baustelle seien unglücklich untergebracht, berichtet ein Subunternehmer. So wohnen einige beispielsweise in einem leer stehenden Asylbewerberheim im Landkreis Harburg und müssen täglich einen umständlichen Shuttleservice in Kauf nehmen. Um Abhilfe zu schaffen, brachte das Bezirksamt zuletzt den Vorschlag auf, die Arbeiter auf dem ehemaligen Asylantenschiff „Bibby Altona“ unterzubringen. Bis jetzt konnte jedoch noch kein geeigneter Standort für das Wohnschiff gefunden werden.JOHANN TISCHEWSKI