Allah jetzt auch als Zusatzfach

Die Universität Münster hat gestern den bundesweit ersten Professor für die „Religion des Islams“ vorgestellt. Wann das Fach an allen Schulen in NRW gelehrt wird, steht noch in den Sternen

VON NATALIE WIESMANN

Die Uni Münster bildet ab kommendem Wintersemester als einzige Hochschule bundesweit Lehrerinnen und Lehrer für den Islamunterricht in deutscher Sprache aus. Das Fach „Religion des Islams“ können Lehramtskandidaten als Zusatzfach zum regulären Studium wählen. Der Islamunterricht soll längerfristig die seit den 1980er Jahren in NRW existierende „Islamische Unterweisung“ im Rahmen des muttersprachlichen Unterrichts ablösen. Seit fünf Jahren erprobt die Landesregierung außerdem an 100 Schulen das Modellprojekt „Islamunterricht“ als eigenes Fach.

Muhammad Sven Kalisch aus Hamburg, der die Professur in der Westfalenmetropole übernimmt, kann noch nicht einschätzen, wie viele Lehramtsanwärter er unterrichten wird: „Es können zehn, aber auch dreißig sein“, sagt er zur taz. „Der Islam soll hier in seiner ganzen Bandbreite gelehrt werden“, so Kalisch, der mit fünfzehn Jahren zum Islam konvertierte. Ein Schwerpunkt werde mit Blick auf die türkische Mehrheit hierzulande die türkische Islam-Variante sein. Und im Unterricht werde – wie beim christlichen – nun auch der Glauben des Lehrenden mit eingebracht.

Für die Einführung des Faches spricht die neueste Untersuchung des Zentrums für Türkei-studien in Essen: Die in Deutschland lebenden TürkInnen werden demnach immer religiöser: Im vorigen Jahr hätten sich 71 Prozent von ihnen als religiös bezeichnet, 14 Prozent mehr als im Jahr 2000. Mit einem Anstieg von 8 auf 20 Prozent noch stärker gewachsen sei die Zahl derer, die sich als „sehr religiös“ bezeichneten. Doch dies sei kein Indiz für wachsenden Fundamentalismus, sagt Faruk Sen, Leiter des Zentrums. Sen wertete den steigenden Glauben als Reaktion auf die „Aversion der Deutschen gegen den Islam“.

Das kann auch Kalisch bestätigen: In vielen deutschen Kreisen werde die Gefahr gesehen, dass durch die Einrichtung seines Lehrstuhls ein „akademisch legitimierter Hort für Terroristen geschaffen werde“. Kritik komme aber auch von der ultraorthodoxen islamischen Seite: Konservative Muslime sehen in dem von einem deutschen Professor geprägten und in deutscher Sprache gehaltenen Studiengang nicht die reine islamische Lehre verwirklicht. „Das Grundgesetz ist hier die Hausordnung“, sagt der Islam-Professor. Im Detail werde der Studiengang noch zwischen der Universität und dem Land abgestimmt.

Schulministerin Ute Schäfer (SPD) sagte bei der Ernennung Kalischs vergangene Woche in Düsseldorf: „Dies ist ein wichtiger Schritt hin zur Integration und Gleichberechtigung unserer rund 282.000 Schülerinnen und Schüler moslemischen Glaubens.“ Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht biete außerdem die Gewähr dafür, dass jungen Menschen keine Werte vermittelt würden, die nicht mit der Wertordnung des Grundgesetz vereinbar seien. Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft (SPD) sieht in der Einrichtung des Studiengangs „eine Profilierung für das Land und für die Uni Münster“.

Wann der Islamunterricht an allen Schulen kommt, ist noch offen: „Die Muslime müssen sich auf einen Ansprechpartner einigen“, sagt Nina Schmidt, Sprecherin des Schulministeriums. Dass die zukünftigen Islam-Lehrer ihren Glauben einbringen dürften, sei nicht geplant. „Der Unterricht soll auch in Zukunft nur analytisch bleiben“, so Schmidt.