Mief wie im Schlafwagen

Beschäftigte des Gesundheitsressorts wollen wissen, wie lange sie das schlechte Klima im Siemens-Hochhaus noch aushalten müssen. Morgen ist Personalversammlung

bremen taz ■ „Jeder hat hier Gesundheitsbeschwerden.“ Die Frau, die im siebten Stock des ehemaligen Siemens-Hochhauses aus dem Fahrstuhl steigt, ist genervt. Wie jeder am Standort Contrescarpe, an dem ganz oben im 14. Stock Sozial- und Gesundheitssenatorin Karin Röpke (SPD) residiert. „Eine der wenigen politischen Entscheidungsträgerinnen im Haus“, heißt es. Unterton: Wenn mehr Senatoren hier ihre Büros hätten, wäre die Misere schon lange beendet. Die Misere: Unerträgliches Raumklima auf allen Etagen. Am Mittwoch wird das bei der Personalversammlung des Gesundheitsressorts mal wieder auf den Tisch kommen.

„Kopfschmerzen“. „Zu heiß, zu kalt“. „Nasenbluten“. Bis hin zur plötzlich aufgetretenen Neurodermitis lasten die rund 300 Personen in dem Hochhaus jedes Unwohlsein dem 14-Stockwerke-Haus an, in das sie vor rund drei Jahren ziehen mussten und unter dessen „Klima“ die meisten seither leiden – und mindestens so lange leiden werden, bis die Eigentümer der Immobilie, die die Stadt auf 30 Jahre angemietet hat, zu weitreichenden Umbaumaßnahmen gezwungen werden. „Es läuft ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren. Aber das dauert“, weiß Eberhard Mattfeldt, Personalratsvertreter im ebenfalls zu Teilen hier untergebrachten Bauressort. Der Abschluss des Verfahrens wäre auch erst ein Teilsieg – bevor die Bauarbeitertrupps anrücken.

Unter den Beschäftigten des Bauressorts, das andernorts für Wärmedämmung wirbt, während es nun selbst im 30-jährigen, niemals gedämmten Moloch haust, besteht Einigkeit, dass die ganze Fassade runter müsste und richtige Fenster rein – zum Lüften. Die riesige Klimaanlage auf dem Dach nämlich, die so brummt, dass der Konferenzraum darunter für viele Sitzungen schon tabu ist, arbeitet nur unzureichend. Wenn die Sonne die Glasfront vorne überhitzt, frösteln die Beschäftigten auf der Rückseite des Hauses. Dann gehen hier die Heizlüfter an – und dort die Ventilatoren. Doch egal wie die Beschäftigten sich selbst zu helfen versuchen, eins kriegen sie nicht hin: Dass die Luft frisch wäre. Allenthalben riecht es abgestanden – wie nach einer Nachtfahrt im klimatisierten Liegewagen.

„Interessiert es wirklich nicht, dass das Gesundheitsressort völlig unglaubwürdig wird, wenn wir Regelungen hygienischer und gesundheitlicher Art bei anderen kontrollieren, die im eigenen Verantwortungsbereich nicht im Entferntesten eingehalten werden?“ Diese Frage haben die Personalräte in ihrer Einladung zur Personalversammlung Gesundheit gestellt – wie zuvor schon die Mitarbeitervertreter des Bauressorts, die witzeln: „Wenn der Bausenator hier sanieren würde, könnte er sich hinterher für die Einsparung an CO2 einen Preis verleihen.“

„Hier geht’s um das sick building syndrome“, sagen alle. „Das ist wissenschaftlich schon rundum beschrieben.“ Auch deshalb herrscht Müdigkeit, über das Thema zu reden: Es gibt wenig Neues zu sagen. Außerdem fühlten sich manche neuerdings im Schweigen bestärkt durch Vorgesetzte, die disziplinarische Schritte androhen, sollte es zu Protestveranstaltungen während der Arbeitszeit kommen. „Wer hier noch was werden will, hält die Klappe“, sagen manche – offenbar können Arbeitsklima und Raumklima durchaus zusammenhängen.

„Interessiert sich niemand für schlechte Leistung und Arbeitsmotivation unter solchen Bedingungen?“, hat der Personalrat des Gesundheitsressorts am 2. Juni an die Dienststellenleitung geschrieben. Am Montag, zwei Tage vor der Personalversammlung, bekam er eine Antwort. „Darüber sprechen wir erst mit den Beschäftigten“, sagt der Personalratsvorsitzende Wolf Klatt. Morgen. Dann kommen auch die neuesten Ergebnisse einer internen Befragung auf den Tisch. Danach soll sich das Unwohlsein der Beschäftigten noch gesteigert haben. Hauptkritikpunkt: die schlechte Luft. ede