DER WTO-VERTRAGSENTWURF BIETET KEINEN SCHUTZ VOR EXPORTDUMPING
: Uneingelöster Anspruch

Die Konzessionen, zu denen sich die reichen Industriestaaten des Nordens gegenüber den ärmeren Ländern des Südens im Rahmen der wieder neu belebten Welthandelsrunde der WTO bereit zeigen, bleiben nach wie vor weit hinter den Erfordernissen auch nur annähernder Gerechtigkeit zurück. Auch der jüngste „Kompromissentwurf“ des WTO-Generaldirektors für ein Abkommen, über den ab heute in der Genfer WTO-Zentrale verhandelt wird, spiegelt vorrangig die Interessen der vier übermächtigen Weltmarktelefanten USA, EU, Japan und Kanada wider.

Die leisen Hoffnungen, die die EU nach 15-jähriger Blockadehaltung im Juni letzten Jahres mit der Ankündigung einer Reform ihrer Gemeinsamen Agrarpolitik ausgelöst hatte, haben sich weitgehend als unberechtigt erwiesen. Die seinerzeit als großer „Durchbruch“ gepriesene Entkoppelung der an die Bauern gezahlten Beihilfen von der Menge der von ihnen produzierten Güter war – und ist – grundsätzlich der richtige Weg, um Überproduktion, Überschusslagerung und Exportdumping auf konkurrenzschwachen Drittweltmärkten zu beenden. Doch die schon vor einem Jahr von Skeptikern geäußerte Befürchtung, dass bei der Umsetzung dieses Grundsatzes in einen Vertragstext die produktionssteigernde Wirkung von Beihilfen samt ihrer schädlichen Folgen auf indirekte Weise erhalten bleibt, hat sich leider bestätigt.

Das zeigt das Agrarkapitel des WTO-„Kompromissentwurfs“. Seine Umsetzung würde nicht zu substanziellen Änderungen in der Subventionspraxis des Nordens führen, hingegen die dringend erforderlichen effektiven Schutzmechanismen für noch konkurrenzschwächere Entwicklungsländer erneut vertagen und zugleich die Weichen noch weiter in Richtung einer radikalen Marktöffnung im Süden stellen. Damit würden die bestehenden Ungerechtigkeiten im Weltagrarhandel zementiert. Ähnliches gilt auch für die anderen Kapitel des „Kompromissentwurfs“. Der Anspruch der „Entwicklungsrunde“, die die WTO im Herbst 2001 in Doha ausgerufen hatte, bleibt weiter uneingelöst. ANDREAS ZUMACH