Ein Exgeneral gegen Megawati

In Indonesien kommt es zur Stichwahl zwischen Präsidentin Megawati und ihrem früheren Sicherheitsminister Yudhoyono, der den ersten Wahlgang für sich entscheiden konnte. Beide buhlen schon um die Unterstützung unterlegener Kandidaten

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Eine Explosion hat gestern Morgen das Gebäude der Wahlkommission KPU in der Hauptstadt Jakarta erschüttert. Die Explosion bewirkte die Verschiebung der eigentlich für gestern geplanten Bekanntgabe der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen vom 5. Juli. Nach Angaben einer Sprecherin wurde bei der Explosion niemand verletzt.

Laut Augenzeugen hatten sich die KPU-Mitarbeiter zu einer Predigt versammelt, als ein Sprengsatz in einer Damentoilette detonierte. Ein KPU-Sprecher sprach von einem Feuerwerkskörper, ein Polizeisprecher aber von einer Bombe. Das Gebäude wurde geräumt.

Verglichen mit anderen Anschlägen in Indonesien, war die gestrige Explosion relativ harmlos. Trotzdem gilt sie als Warnsignal, dass potenzielle Attentäter jederzeit zuschlagen und Ereignisse wie die offizielle Bekanntgabe der Wahlergebnisse beeinflussen können. Die endgültigen Resultate standen erst am späten Abend fest. Letztlich aber bestätigten sie den sich seit Wochen während der Auszählungen abzeichnenden Trend: Demnach hat der Favorit, Exgeneral Susilo Bambang Yudhoyono, SBY genannt, mit rund 33,6 Prozent der Stimmen die erste Runde der Wahlen für sich entschieden. Amtsinhaberin Megawati Sukarnoputri kommt mit 26,6 Prozent auf Platz zwei, gefolgt von Golkar-Kandidat und Exarmeechef Wiranto mit 22,2 Prozent. Wiranto, dem für Kriegsverbrechen in Osttimor verantwortlich gemacht wird, weigert sich, den Wahlausgang anzuerkennen, und fordert eine Neuauszählung.

Nützen dürfte Wirantos Appell kaum. Damit wird es am 20. September zwischen Yudhoyono und Megawati zur Stichwahl kommen, deren Ausgang offen ist. Yudhoyono muss nicht nur seine derzeitige Popularität halten, sondern auch geschickt manövrieren, um einen starken Rückhalt im Parlament zu bekommen. Seine neu gegründete Demokratische Partei (DP) hatte zwar bei den Parlamentswahlen vom 5. April aus dem Stand 7 Prozent geschafft. Im Vergleich zur mächtigen Golkar, der Partei von Exdiktator Suharto, und selbst der angeschlagenen Partei des Demokratischen Kampfs (PDI-P) von Präsidentin Megawati ist die DP aber ein politischer Zwerg. Zumal der Golkar-Vorsitzende Akbar Tandjung durchblicken ließ, dass seine bei den Parlamentswahlen siegreiche Partei in der Stichwahl die jetzige Amtsinhaberin stützen werde.

Doch ob dies den für Megawati gewünschten Effekt haben wird, ist ebenso offen. Denn Golkar ist zersplittert und viele Mitglieder sind nicht gewillt, Akbar Tandjung bedingungslos zu folgen. Zum Beispiel hatten am Wahltag veröffentlichte Umfragen gezeigt, dass viele Anhänger nicht wie gefordert ihren eigenen Kandidaten Wiranto unterstützt, sondern sich für dessen Konkurrenten Yudhoyono entschieden hatten. Denn Yudhoyonos Kandidat für die Vizepräsidentschaft, Jusuf Kalla, ist nicht nur ein wohlhabender Geschäftsmann, sondern auch ein prominentes Golkar-Mitglied, das seinerseits viele Stimmen für „SBY“ holen dürfte. Neben der Unterstützung durch Golkar peilt Yudhoyono weitere Koalitionsgespräche an: mit der „Nationalen Mandatspartei“ (PAN) von Amien Rais, dem charismatischen Sprecher der Beratenden Volksversammlung sowie der islamischen „Partei der blühenden Gerechtigkeit“ (PKS).

Auch Megawati wirbt um Unterstützung und traf sich deshalb kürzlich mit ihrem 2001 geschassten Vorgänger Abdurrahman Wahid zu einem privaten Abendessen. Es war das erste Treffen zwischen den einstigen Freunden seit Wahids Sturz. Von seiner Partei des Nationalen Erwachens (PKB), die drittstärkste Fraktion im Parlament ist, erhofft sich Megawati einen weiteren, dringend benötigten Schub für eine zweite Amtszeit.