Scharon bleibt bei Gaza-Abzug

Nach Massenprotest bekräftigt Israels Premier seine Rückzugspläne. Siedler sollen vier Entschädigungsformen wählen können. Erneut Tote in Palästinensergebieten

TEL AVIV/GAZA dpa ■ Die Regierung von Ariel Scharon treibt die Pläne für einen israelischen Abzug aus dem Gaza-Streifen auch nach einem Massenprotest weiter voran. Den Siedlern sollten vier unterschiedliche Möglichkeiten zur Entschädigung für eine Räumung ihrer Häuser angeboten werden, berichtete Ha’aretz gestern. Am Sonntag hatten etwa 130.000 Israelis mit einer rund 90 Kilometer langen Menschenkette vom Gaza-Streifen bis zur Klagemauer in Jerusalem gegen eine Evakuierung von Siedlungen und israelischen Armeeposten protestiert. Darunter waren auch 15 Abgeordnete von Scharons Likud-Partei.

Nach dem Massenprotest habe Scharon vor Offizieren seine Absicht zur Räumung des Gaza-Streifens bekräftigt, so Jediot Achronot. „Ich habe mich für den Abtrennungsplan entschieden, weil klar ist, dass Israel nicht im Gaza-Streifen bleiben kann“, sagte er. Der Jüdische Siedlerrat kündigte an, eine Million Unterschriften gegen den Rückzugsplan zu sammeln.

Ha’aretz schrieb, ein Komitee habe verschiedene Möglichkeiten für die 1.600 Siedler-Familien aus 21 Siedlungen im Gaza-Streifen und vier Siedlungen im Westjordanland erarbeitet. Das Komitee soll bis zum Herbst einen Gesetzentwurf vorlegen. Die vier Möglichkeiten für Siedler umfassen die Wahl einzelner „Ersatzhäuser“ in Israel oder kollektive Umsiedlung in Kommunen sowie die Auszahlung einer Standardsumme für geräumte Häuser oder Entschädigung pro Haus auf Basis einer Schätzung.

Im südlichen Gaza-Streifen ist gestern eine geistig behinderte Palästinenserin in der Nähe einer Siedlung durch die israelische Armee getötet worden. Ein Armeesprecher sagte, Soldaten hätten das Feuer eröffnet, weil militante Palästinenser israelische Siedlungen unaufhörlich mit Mörsern und Kleinraketen beschossen hätten. Sonntag hatten Mitglieder einer israelischen Spezialeinheit sechs Palästinenser erschossen. Die Soldaten drangen als Palästinenser getarnt in Tulkarem ein und beschossen die mutmaßlichen Al-Aksa-Brigadisten. Ein 16-jähriger Palästinenser wurde am späten Sonntagabend bei einem Schusswechsel zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern in Bet Chanun getötet.

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