„Richtig oder gar nicht“

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsinstitute sind uneins darüber, ob der Kündigungsschutz erhalten bleiben soll

DÜSSELDORF taz ■ Nordrhein-Westfalens Ökonomen bewerten den CDU-Vorschlag zur Abschaffung des gesetzlichen Kündigungsschutzes unterschiedlich. Während das gewerkschaftsnahe Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung und das Gelsenkirchener Institut für Arbeit und Technik (IAT) von einer Änderung keinen Rückgang der Arbeitslosigkeit erwarten, hält das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) eine radikale Reform des Kündigungsschutzes für vorstellbar.

Behauptungen, Kündigungsschutz verhindere die Schaffung neuer Arbeitsplätze, entbehrten „jeglicher empirischer Grundlage“, sagt WSI-Direktorin Heide Pfarr. Nationale oder europäische Studien hätten keinen Zusammenhang von Kündigungsschutz und Höhe der Arbeitslosigkeit belegen können. Auch seien Kündigungen in Deutschland nicht zu teuer, weil fast jeder Gekündigte dagegen vor Gericht ziehe: „In fast keinem europäischen Land sind Kündigungen so billig wie in Deutschland“, sagt Pfarr.

Mit Verweis auf eine Studie der OECD lehnt auch Matthias Kuhn vom IAT radikale Einschnitte beim Kündigungsschutz ab. Statistisch sei lediglich gesichert, dass in Ländern mit geringem Schutz Arbeitnehmer schneller arbeitslos würden. Der Umkehrschluss, nach dem Arbeitslose unter diesen Bedingungen schneller einen Job finden, halte einer wissenschaftlichen Prüfung jedoch nicht stand. „Solange man nicht genau weiß, was bei einer Abschaffung passiert, sollte man die Finger davon lassen“, sagt Knuth.

Für wenig aussagekräftig hält RWI-Vorstandsmitglied Thomas Bauer die OECD-Studie. Die derzeitige Form des Kündigungsschutzes jedenfalls brächte große Unsicherheiten und immense Kosten für die Unternehmen, zudem erschwere sie den Berufseintritt für Langzeitarbeitslose und Jugendliche. „Eine marginale Änderung des Gesetzes bewirkt nichts. Entweder man macht es richtig oder gar nicht“, sagt Bauer. Selbst bei einer vollständigen Abschaffung des Kündigungsschutzgesetzes erwartet er keine US-amerikanischen Verhältnisse: „Hire und Fire gäbe es in Deutschland wohl auch dann nicht.“ KLAUS JANSEN