Altengammer Allerlei

Streit um Schließung sozialtherapeutischer Haftanstalten Altengamme und Bergedorf spitzt sich zu. Die GAL ist vor Ort, die SPD wissensdurstig und der Senat nicht im Bilde

Christa Goetsch fühlte sich voll bestätigt. „Alle Fakten, die ich für den Erhalt dieser Einrichtung kannte, wurden anschaulich belegt“, urteilte die GAL-Fraktionsvorsitzende nach einem Besuch der von der Schließung bedrohten sozialtherapeutischen Haftanstalt Bergedorf. Mehrere Stunden hatten Goetsch und Fraktionskollege Till Steffen gestern mit dem Vollzugs-Personal über die kleine Anstalt mit der noch kleineren Rückfallquote der aus ihr entlassenen Strafgefangenen gesprochen, dann stand für die GAL-Frontfrau fest: „Die Schließung macht weder finanziell noch fachlich Sinn.“

Justizsenator Roger Kusch (CDU) will die Bergedorfer Einrichtung wie auch die sozialtherapeutische Anstalt Altengamme im kommenden Jahr schließen und an bestehende Groß-Knäste wie Fuhlsbüttel angliedern. „Faktisch nicht möglich“, konstatiert Goetsch und schließt sich damit den Fachleuten an, die glauben, beide Anstalten würden nur als abgetrennte, überschaubare Einrichtungen funktionieren und die bisher erreichten Mini-Rückfallquoten garantieren. „Minimale Einsparungen bei maximalem Risiko einer schlechtereren Prognose“ für die entlassenen Knackis, befindet Goetsch: „Das ist das Gegenteil von Opferschutz.“

Die GAL will nun die geplante Schließung zum „zentralen Punkt der Debatte um den Justizhaushalt“ machen. Zudem will sie eine Expertenanhörung zu den Plänen im Rechtsausschuss durchsetzen. „In dem Thema steckt noch viel Feuer“, ahnt GAL-Rechtsexperte Till Steffen: „Man muss es nur entzünden.“

Auch die SPD hakte beim Thema Anstaltsschließung vergangene Woche noch einmal nach, wollte per schriftlicher Anfrage vom Senat wissen, ob die Rückfalls-Erfolgsquoten stimmten und was die SenatorInnenrunde von den zahllosen Warnungen der Fachleute halte, die dringend von der Schließung abrieten. Die von der Justizbehörde verfasste Senatsanwort fiel ähnlich informativ aus wie die meisten ihrer Vorgängerinnen zum Thema Knäste. Vergleichbare Rückfalldaten lägen der Justizbehörde nicht vor, und der Senat habe sich mit den Experten-Warnungen noch gar „nicht befasst“.

Bei solch solider Zahlenbasis und einem derart ungebremsten Einsatzwillen muss einem um die Zukunft der bedrohten Muster-Anstalten wirklich nicht bange sein. Marco Carini