Flierl will weiterhin junge ProfessorInnen

Wissenschaftssenator kündigt Festhalten Berlins an den Juniorprofs an – trotz Ablehnung durchs Verfassungsgericht. Die Unis sehen ihr Modell der Personalverjüngung aber gefährdet, denn die Habilitationen sind nun wieder „in“

Auch nach der ablehnenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe will Berlin am Modell der Juniorprofessur festhalten. „Das Land hat mit seiner entsprechenden Novelle des Berliner Hochschulgesetzes eine der bundesweit progressivsten Regelungen zur Gleichstellung von Juniorprofessuren geschaffen und damit gute Erfahrungen gemacht“, beruhigte gestern Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) die Unis. Das Land werde sich in der Kultusministerkonferenz für den Erhalt der Juniorprofessur und entsprechende bundesweite Standards einsetzen. So weit, so gut. Wirklich beruhigt ist man nicht.

Die Humboldt-Universität sieht das neue Modell, das auf eine Habilitation verzichtet, dafür aber mehr Management-Qualitäten fordert, durch den Karlsruher Entscheid gefährdet. „Der Zwang zur Habilitation würde nicht nur eine Herabstufung der Juniorprofessur, sondern könnte das Scheitern dieses zukunftsträchtigen Modells bedeuten“, sagte HU-Vizepräsident Elmar Tenorth. „Die Konsequenzen für die wissenschaftliche Zukunft Deutschlands sind in ihrem gesamten Ausmaß noch nicht abschätzbar. Wir werden jedoch unsere jungen Leute weiter mit allen Kräften unterstützen.“

Claudia Kemfert, 35, die jüngst als erste Juniorprofessorin bundesweit auf eine C4-Professur an die Humboldt-Uni berufen wurde, bedauert: „Eine Rückkehr zur Habilitation sehe ich klar als Rückschritt an. Eine Juniorprofessur hat viel höhere Qualifikationskriterien, damit ist ihre Wettbewerbsfähigkeit international höher, als wenn man ein Buch schreibt.“

Bundesweit ist die HU mit zurzeit 45 Juniorprofessuren Spitzenreiter, dicht gefolgt von der Freien Universität mit 42. Erst vor wenigen Tagen hatte dort eine hausinterne Umfrage die Akzeptanz des Modells bestätigt (taz berichtete).

Die Berliner PDS wertete das Karlsruher Urteil als Rückschlag für diejenigen, die nach jahrzehntelanger Debatte endlich mit einem zukunftsfähigen Modell ihre Personalstruktur verjüngen wollten. Bündnis 90/Die Grünen forderte die Berliner Landesregierung auf, die Juniorprofessuren zu erhalten, „Das Hochschulwesen darf jetzt nicht in Kleinstaaterei verkommen“, warnte Grünen-Fraktionsvorsitzender Volker Ratzmann.

AW, DPA

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