Joschka Fischer zurück in Zimmer 307 W

Der Bundesaußenminister auf Stippvisite bei den Grünen in der hessischen Provinz – dabei ist nicht mal Wahlkampf

WIESBADEN taz ■ Sogar das Wort „Wehmut“ fällt. Zum ersten Mal seit Jahren schaut sich Bundesaußenminister Joschka Fischer wieder in den alten Räumen um, kehrt zurück ins Pressezimmer 307 W im Hessischen Landtag. Zur Linken eng gedeckt vom aktuellen Fraktionschef der Grünen im Landtag, Tarek al-Wazir, zur Rechten vom grünen Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Matthias Berninger, der in Personalunion auch Vorsitzender der Landespartei ist. Ein bisschen vom Abglanz des beliebtesten Politikers der Republik profitieren wollten die hessischen Grünen, die seit 1999 als eher graue Mäuse die Oppositionsbänke drücken.

Doch Beistand von „ganz oben“, wie allenthalben gemutmaßt wurde, bräuchten seine Parteifreunde in Hessen nicht, erklärte der Besucher. Er sei auf dem Weg von Berlin nach Paris nur eben mal „vorbeigekommen“ in der alten Heimat. Und der Mann, dem nachgesagt wird, auf das Amt eines EU-Außenminister zu spekulieren, erinnerte sich an die vielen Pressekonferenzen, die er erst als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag und dann als erster Grünen-Minister des Planeten in diesem Saal bestritten habe. War da nicht eine kleine Träne der Rührung im linken Auge des Außenministers zu entdecken? Fischer sentimental? Nicht lange.

Denn bald schon ging es wieder in die weite Welt hinaus: von Bagdad nach Istanbul und durch die Wüste. Fischer verurteilte den Bombenabschlag auf das Hauptquartier der UN im Irak scharf, machte sich „auch aus ökonomischen Gründen“ für mehr Zuwanderung nach Deutschland stark und gab noch einmal seiner Erleichterung darüber Ausdruck, dass es gelungen war, die „Sahara-Geiseln“ frei zu bekommen. Und dann gerierte sich der Außenminister als Innenpolitiker. Das Verhältnis zwischen dem Bund und den Ländern werde „das innenpolitische Thema des Herbstes“ werden, prophezeite Fischer; und natürlich auch die „Blockadepolitik der Union“. Im Übrigen beunruhigten ihn die bundespolitischen Ambitionen des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) nicht. Davor fürchten würden sich doch nur dessen Parteifreunde. Ganz zum Schluss ließ er durchblicken, dass er durchaus sinnvolle Alternativen zum Ausbau des Frankfurter Flughafens für möglich halte: etwa die Zusammenarbeit mit dem Flughafen Köln-Bonn und den Ausbau des Flughafens Hahn. Aber er sei ja nicht auch noch der Verkehrsminister. Und ab ging’s zum Lunch.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT