Dioxine überall in Deutschland

Nach den Giftfunden an der Ems mehren sich die Anzeichen, dass es sich bei den Belastungen um ein „allgemeines“ Umweltproblem handelt. Grüne sehen einen Zusammenhang mit dem Emsstau – das Ministerium jedoch nicht

Die an der Ems in Schafslebern und Gras gefundenen Gifte sind offenbar überall in Deutschland anzutreffen. „Bei der Belastung mit dioxinähnlichem PCB ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein allgemeines Umweltproblem gegeben“, sagte Friedrich-Otto Ripke, Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, am Donnerstag in Hannover.

Ähnliche Belastungen mit den krebserregenden Stoffen gebe es auch in Schleswig-Holstein oder Bayern, hatte ein Experten-Workshop ergeben. In Niedersachsen sind derzeit 30 Flächen an Ems, Leine und Elbe für die Landwirtschaft gesperrt. Die Ursachen der Belastung seien „komplex“, sagte Ripke. Das heute verbotene PCB war bis in die 80er Jahre als Weichmacher für Farben oder für die Produktion von Stromaggregaten benutzt worden.

Die Giftreste waren 2008 an der Ems bei Leer nachgewiesen worden. Dabei sollte geprüft werden, welche Auswirkungen der Sommerstau des Flusses für die Überführung von Kreuzfahrtschiffen der Meyer Werft in den Dollart hat. Die Grünen warfen der Landesregierung vor, einen möglichen Zusammenhang zwischen Emsstau und erhöhten Dioxinwerten zu vertuschen. Die Dioxinfunde müssten „unverzügliche Konsequenzen für das laufende Genehmigungsverfahren für weitere Schiffsüberführungen“ haben.

„Wir konnten keinen direkten Zusammenhang zum Emsstau feststellen“, sagte hingegen Ripke. Zwar wären vier Proben nach dem Stau stärker belastet gewesen, drei dieser Proben hätten jedoch schon vor der „Überwässerung“ zu hohe Dioxin- und PCB-Werte gehabt. Lebensmittel, sagte Ripke, seien nicht gefährdet. Nur vor dem Verzehr von Schafsleber wird derzeit gewarnt. Von 77 Proben hatten nur fünf den Grenzwert für Dioxine nicht überschritten. Ein dauerhafter Genuss könne möglicherweise zu einer höheren Krebsgefährdung führen. Das könnte Muslime und Gourmets gefährden. Aber wer isst viel Schafsleber?

Auch in Schleswig-Holstein wurden an der Elbe Schadstoffe festgestellt, wohl Industriegift von einstigen Produktionsstätten in Tschechien oder Bitterfeld, sagte Ripke. Genau wie an Aller und Leine, wo Experten Cadmium- und Blei-Ablagerungen fanden. Die Grünen fordern, die Untersuchungen der Grasproben auszuweiten und das Fleisch von Rindern auf Dioxin zu testen. Niedersachsen will das Problem der Dioxinfunde auf Bundesebene hieven. Schafslebern sollen republikweit überwacht werden. KAI SCHÖNEBERG