Neun Entscheider sollen es sein

Um Frieden mit der Kirche zu bekommen, kündigt Ministerpräsident Wulff ein zusätzliches Mitglied in der Härtefallkommission an – einen Abgeordneten der CDU. Die Opposition hält das für eine Farce

VON KAI SCHÖNEBERG

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat seinen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) in der Asylpolitik korrigiert. Ob das allerdings zu einer humaneren Flüchtlingspolitik im Land führt, ist umstritten. „Aus Gründen der Befriedung und des besseren Zusammenwirkens“ der Härtefallkommission kündigte der Regierungschef am Donnerstag im Landtag an, das Gremium zu erweitern. „Ich denke, dass wir über ein zusätzliches neuntes Mitglied nachdenken sollten“, sagte Wulff.

Damit ändert sich wohl trotzdem nichts an der harschen Kritik von Wohlfahrtsverbänden und Kirchen an der Arbeit des Gremiums. Der neunte im Flüchtlingsrat soll nämlich der Vorsitzende des Petitionsausschusses im Landtag sein, der CDU-Abgeordnete Klaus Krumfuß. Von einer „Farce“ sprach die Grüne Migrationsexpertin Filiz Polat: Die Verbände hätten für eine weitere Person aus der Flüchtlingssozialarbeit – etwa vom Flüchtlingsrat – votiert, um leichter die für Entscheidungen nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen, „und nicht einen weiteren verlängerten Arm der Regierungsfraktion“, sagte Polat. Das „Schünemann-Mitglied“ Krumfuß würde die „Situation verschärfen“.

Die Kommission entscheidet, ob ausreisepflichtige Ausländer aus humanitären Gründen in Deutschland bleiben dürfen. Die Opposition hatte stets kritisiert, der Kurs der Kommission sei zu restriktiv. Schünemann hatte eine Reform des Gremiums bislang abgelehnt, da die Regelungen erst vor kurzem novelliert worden waren. Ein Zweidrittelquorum wie in Niedersachsen gebe es in 13 Bundesländern, in Hamburg gelte sogar das Einstimmigkeitsprinzip. Lange widerlegte er zudem Vorwürfe des einstigen Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Ernst Gottfried Mahrenholz, Niedersachsens Flüchtlingspolitik sei zu „rigide“.

Wulff griff Schünemann offenbar ins Lenkrad, um Frieden mit der Kirche zu bekommen. Braunschweigs Bischof Friedrich Weber hatte sich direkt in der Staatskanzlei über die Regelungen der Härtefallkommission beschwert, das bestätigte Wulff gestern. „Es handelte sich dabei um vier Fälle. Bei einem Fall habe ich den Eindruck gehabt, man hätte auch anders entscheiden können. Darüber habe ich mit dem Innenminister ausführlich gesprochen. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine andere Entscheidung denkbar wäre. Ich wünsche mir, dass es einen Weg gibt, die Härtefallkommission erneut mit dem Fall zu befassen“, sagte Wulff im Parlament. Es geht offenbar um eine afghanische Familie aus der Grafschaft Bentheim, deren Anliegen gar nicht erst vor der Kommission behandelt worden war.

Immerhin in diesem Fall zeigte Schünemann gestern ein Einsehen: Da sich die Familie „gut integriert hat, kann mit einer positiven Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt gerechnet werden, wenn für alle Familien aus diesem Herkunftsland eine entsprechende Regelung getroffen wird“, sagte der Minister.