BERLINER PLATTEN
: Wie kommt man denn am besten in die Hitparade? Super700 versuchen’s wieder ambitioniert, Klez.e mit für den Tanzboden ratternden Gitarren

Was wohl ist da schief gelaufen?

Super700 werden, seit sich die Band vor gut fünf Jahren zusammentat, als potenzielle Chartsdominatoren gehandelt. Zuerst nur von ihrer Plattenfirma, dann auch von Journalisten, aber es darf bezweifelt werden, dass sich „Lovebites“ grundsätzlich anders verhalten wird als die bisherigen Veröffentlichungen des Septetts und plötzlich die Hitlisten stürmt.

Mit ihrem zweiten Album beweist die Band um die drei iranischstämmigen Schwestern Ramadani allerdings wieder einmal, dass auch ein Rohrkrepierer vorzüglich klingen kann. Traumhafte Balladen wechseln sich ab mit schönen Midtempo-Songs, berückende Melodien folgen auf schräge Jazz-Akkorde oder Ethno-Klänge, luftiger Country auf schwerblütigen Soul. Eine Weiterentwicklung ist zwar nicht auszumachen, aber das liegt vornehmlich daran, dass Super700 von Anbeginn ihres Schaffens außerordentlich weit entwickelt waren.

Dazu ist die ganze Mannigfaltigkeit abwechslungsreich instrumentiert, fantasievoll in Szene gesetzt und souverän eingespielt. Zwar ergehen sich die drei Schwestern selten auch einmal in harmonieseliger Beliebigkeit, so wenn sie ein endloses „Lalalalala“ zum Refrain hochjuchzen, und es kann schon mal passieren, dass man über ein Zwischenspiel stolpert, das klingt, als würde da jemand ein böses Klassik-Trauma unverarbeitet mit sich herumschleppen. Aber im Großen und Ganzen ist „Lovebites“ ein weiteres ausgewogenes Werk einer ambitionierten Band, die vieles will und einiges davon sogar erreicht. Und genau hier liegt wohl auch das Problem: Super700 sind womöglich zu abwechslungsreich, zu widersprüchlich und zu facettenreich, um in einem auf schnelle Eingängigkeit und verlässliche Wiedererkennbarkeit aufbauenden Popmarkt reüssieren zu können.

Klez.e tragen diesen Anspruch, massentauglichen Pop zu produzieren, zwar lange nicht so demonstrativ mit sich herum – und könnten ihn vielleicht ja genau deshalb einlösen. Denn „Vom Feuer der Gaben“ ist erstaunlich zugänglich geraten, ohne die Sperrigkeit ganz aufzugeben, mit der die Band bekannt geworden ist. Immer noch knirscht zwar die eine oder andere Textzeile, aber fast alle Songs entwickeln eine erstaunliche Sogwirkung. Denn erstmals ist es Sänger, Gitarrist und Computerbastler Tobias Siebert und seinen vier Mitstreitern gelungen, den Ansatz von klez.e, Indie-Rock und elektronische Musik zusammenzudenken, weitgehend unfallfrei auszuführen. Der Trick, der zum Gelingen beigetragen hat: Der Sound wird meist dominiert von den ratternden Gitarren, aber die Songs funktionieren eher wie Tanzbodentracks mit kräftig anziehenden bpm-Zahlen und hypnotisch-monotonen Rhythmen.

Wie schnell man mit dieser Kombination sogar in die höheren Regionen der Charts gelangen kann, haben eben erst Polarkreis 18 bewiesen. Man muss damit nicht unbedingt verschärft rechnen, aber Klez.e. könnten ihnen womöglich nachfolgen. Oder vielleicht auch Super700.

Man weiß ja halt nie, wie sich die launische Dame Pop entscheidet. THOMAS WINKLER

Super700: „Lovebites“ (Motor Music) live mit Polarkreis 18 am 6. März im Huxley’s

Klez.e: „Vom Feuer der Gaben“ (Loob Musik/Universal), Radiokonzert am 25. Februar im Radio Fritz, Potsdam, 19 Uhr