Urdrüs wahre Kolumne
: Fall für die Fürsorge

In halbwegs bürgerlichen Kreisen dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass es die gestörten Familien sind, die ihre Gören in die Talentshows der pädophilen Fernsehonkelz schicken. Wo aber bleibt das energische Eingreifen des Jugendamtes, wenn Eltern aus der internationalen Subkultur der DaimlerCrysler-Beschäftigten es zulassen, dass ihre Kids von depperten Schumi-Fans über die Teststrecke des Bremer Kundencenters von Mercedes-Benz befördert werden? Muss man solch asozialen Elementen nicht jede Fähigkeit zur Erziehung ansprechen? Werden die jungen Menschen nicht in ein höchst gefährliches Milieu getrieben und mit äußerst fragwürdigen Wertvorstellungen versehen? Ein Fall für die Fürsorge!

Nun ist die Realissima-Vorstandstante Brigitte Pothmer von den niedersächsischen Grünen ja gottlob ein Individuum mit dem Charisma einer Toastbrotscheibe, aber dennoch darf man ihr die sinnentleerte Kritik an „Mitgliedern mit einer ideolgiebelasteten Sicht auf die Wirtschaft“ nicht einfach durchgehen lassen, nicht einmal unter der Knute des schicken Liberalismus dieser Laiendarsteller praktischer Vernuft. Ist es etwa nicht das Profitstreben des Kapitals, das zum Ems-Sperrwerk führte und ganz aktuell die deutsche Autoindustrie daran hindert, beim Schweinediesel serienmäßig Rußfilter einzubauen? Und sind es am Ende nicht die Monopolbrauereien, die das Einwegsystem gepuscht haben und den schlichten Biertrinker mit Interbrühe verarschen wollen? Wir verordnen die Grundkurse „Lohn, Preis, Profit“, ergänzt durch „Warenstruktur und zerstörte Zwischenmenschlichkeit“ in der zuständigen Marxistischen Abendschule für die so ideologiefreie Dame.

Über „Ständermangel in der City“ klagte die taznord diese Woche. Damit wird natürlich ein jahreszeitlich und altersmäßig unterschiedlich ausgeprägtes Phänomen thematisiert. Wird sich das nicht im Frühling von selbst erledigen?

Seit Schulbeginn gibt es also das schöne Unterrichtsfach „Umgang, Benehmen, Verhalten“ an den Bremer Schulen – das ist ja an sich nicht nur schlecht. Wie kann man aber in ein oder zwei Unterrichtsstunden wettmachen, was die Kinder so an schlechtem und bisweilen unmenschlichem Verhalten von Lehrern, Politikern und beispielsweise Angehörigen des Ausländeramts mitbekommen – etwa gegenüber Nichtangepassten, sozial Schwachen und Menschen nichtdeutscher Herkunft? Am Ende helfen dagegen doch nur die Primär-Untugenden wie Frechheit und Ungehorsam. Omas und Invaliden, Schwangeren und Stillenden soll man aber selbstverständlich immer Platz machen und den Hut vor alten Herren ziehen, weiß auch

Ulrich
„Knigge“ Reineking

P.S. Am 15. Tag meines Hungerstreiks gegen das Böse in mir und der Welt, registriere ich Fortschritte in der Diskussion um das Horner Bad, den Abgang von Schill und das Bekenntnis von SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen zu den ewigen Werten der sozialen Gerechtigkeit. Da mach ich doch gleich noch eine Woche weiter!