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: Wahre Berliner Kulturlosigkeit

Ein Buch wird herumgereicht: „Hier spricht Berlin“, heißt es, geschrieben von Georg Diez und anderen. Fünf Neu-Berliner Feuilletonisten der FAZ beklagen darin ihr Schicksal: Die Hauptstadt ist „barbarisch“ und „im Grunde unbewohnbar“. Schon seltsam: Ausgerechnet Vertreter der Generation von Journalisten, unter denen seit zwei Jahren die Medienkrise wütet wie einst die Schergen des Herodes unter den Neugeborenen Zions, jammern hier, als hätten sie schon dreißig Wohlstandsjahre in der alte Bundesrepublik auf dem Buckel.

Kommentar von ROBIN ALEXANDER

Eine gewisse kulturelle Kluft zum ungeliebten Exil wird schon deutlich: Blow-Jobs im Auto oder eine Nachbarin, die ohne Vorhang duscht, haben die Frankfurter hier mit Abscheu beobachten. Weder im Wedding noch in Kreuzberg wird so etwas gemeinhin unter die ganz üblen Zumutungen gerechnet. In einem sind die Zugezogenen aber schon echte Berliner: In ihrem Buch wird sehr viel Bier getrunken.

„Saufen heißt weinen“, hat der Bild-Chefideologe Franz-Josef Wagner – Wohnsitz Berlin – geschrieben, und das gilt besonders für die Stadt der Spätkaufs und Schlucker-Ecken. Und Fußball heißt lachen, hätte er noch dazuschreiben können, wäre er nicht Berliner: 0:3, 0:0, 0:0, 0:0 ist die imponierende Bilanz von Hertha BSC Berlin nach vier Spieltagen. Fußball ohne Tore – das ist wirklich eine Berliner Kulturlosigkeit.

Zwar hat der westlichste Ort Sibiriens bisher mit slawischer Leidensfähigkeit alles hingenommen, aber irgendwann ist Schluss: Wenn jetzt noch Schultheiss auf alkoholfrei umstellt, ist die Revolution nahe.

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