iren mit manieren von RALF SOTSCHECK
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Endlich werden den Iren Manieren beigebracht. Seit voriger Woche dürfen sie sich nicht mehr betrunken in der Öffentlichkeit zeigen. Ein neues Gestz, das Justizminister Michael McDowell in Kraft setzte, verbietet es Männern, Frauen und Kindern, in der Kneipe einen über den Durst zu heben.

Es gibt weitere Antialkoholmaßnahmen: Die Happyhour wurde abgeschafft, jene glückliche Stunde, in denen Bier und Schnaps zum Sonderpreis angeboten werden. Und während der halben Stunde, die man nach dem Versiegen der Zapfhähne zum Austrinken hat, muss jetzt die Musik abgestellt werden, damit alle kapieren, dass wirklich Schluss für heute ist. Jugendliche zwischen 15 und 17 Jahren müssen schon um 21 Uhr nach Hause, damit sie das Sandmännchen nicht verpassen. Und das Wochenende beginnt nicht mehr am Donnerstag – die etwas großzügigere Öffnungszeit wird auf Freitag bis Samstag beschränkt.

Ein Wirt, der einem Betrunkenen Alkohol serviert, muss 1.500 Euro Strafe zahlen. Wiederholungstäter berappen 2.000 Euro, notorische Suffkopfabfüller müssen ihren Pub vorübergehend dichtmachen. Der Trinker immerhin kommt billiger davon, er zahlt nur 300 Euro, an eine Zwangsabstinenz für Mehrfachbetrunkene ist bisher nicht gedacht. Die Nüchternheit wird durch Beamte in Zivil überwacht. Man muss also damit rechnen, dass der gesellige Trinker am Nachbartisch die Whiskeys mitzählt und nach dem fünften Getränk den Lallometer hervorholt. Oder wie will man Trunkenheit messen? Das Gesetz zielt angeblich auf Jugendliche ab. Jedes Jahr, wenn die Abiturnoten bekannt gegeben werden, liegen die Schulabgänger spät in der Nacht voll wie die Nattern auf den Straßen irischer Städte. Die Familienplanungskliniken haben am nächsten Tag alle Hände voll zu tun, um die „Pille danach“ zu verteilen, weil die Abiturientinnen nicht mehr wissen, was sie – oder ob sie es – in der Nacht zuvor getrieben haben. Die Wirte haben ab sofort das Recht, das Mindestalter für den Alkoholausschank beliebig heraufzusetzen.

Vielleicht werden demnächst also nur noch Rentner mit Blasenschwäche bedient. Da geht der Kneipier auf Nummer sicher, denn die haben vor lauter Pinkelei gar keine Zeit, sich anständig zu besaufen. Oder die irischen Pubbesitzer machen es wie in den USA während der Prohibition: Sie richten „speakeasys“ ein – kleine Spelunken, deren Adressen nur durch Mundpropaganda weitergegeben werden. So treibt man die Iren garantiert in den Suff, denn das Verbotene hat sie schon immer gereizt. Vermutlich gibt es auch irgendeine Gesetzeslücke, eine Ausnahmeregelung für Vereine etwa. Dann wird Irland eben über Nacht zu einer Nation von Clubmitgliedern.

Oder glaubt McDowell tatsächlich, dass er seinen Landsleuten das Saufen abgewöhnen kann? Sein Kollege, Gesundheitsminister Micheál Martin, meint ja auch, dass er die Iren zu Nichtrauchern machen kann. Ab Januar herrscht in allen Pubs und Restaurants Rauchverbot. Aber das ist eine andere, nicht minder Grauen erregende Geschichte.