Fischfiete tourt für Greenpeace

Mit einer Kampagne quer durchs Ruhrgebiet wollen die Umweltschützer auf den bedrohten Fischbestand in Nord- und Ostsee aufmerksam machen und fordern umfangreiche Schutzzonen

VON PETER ORTMANN

Mitten im Bochumer Sommerschlussverkauf stört ein Hamburger Marktschreier zusätzlich die City-Hektik. Thorsten Neelmeyer erzählt vom fehlenden Fisch in Nord- und Ostsee. Nur vereinzelt würden noch ein Dorsch oder eine Makrele gesichtet und die müssten zur Paarungszeit schon Kontaktanzeigen aufgeben. Die Passanten grinsen. Jürgen Knirsch und Thies Wels von Greenpeace verteilen Prospekte, sammeln Unterschriften, klären auf.

„Nord- und Ostsee sind zu Industriegebieten verkommen“, sagt Greenpeace-Sprecher Wels. Da könnten nur noch großflächige Schutzgebiete helfen. Er hat eine Karte dabei, auf der die möglichen Zonen eingezeichnet sind. Viele liegen außerhalb der 12 Seemeilen-Staatsgrenzen und müssten gesamteuropäisch geschützt werden. Nicht gerade ein Thema, das im Ruhrgebiet auf den Nägel brennt, wie die Auslage einer Meeresfrüchte-Kette unweit zu zeigen scheint. Fischfiete brüllt die Fakten von Überfischung und Meeresverschmutzung dennoch über die Bochumer Schnäppchenjäger, denn jede Unterschrift zählt. 14 Tage lang tourt die jüngste Greenpeace-Kampagne gleich zu Beginn durch das Ruhrgebiet. Heute steht der Marktschreierstand in Gelsenkirchen, morgen in Bottrop. „Wir haben uns bewusst die kleineren Städte ausgesucht“, sagt Aktivist Wels. Die Route führt noch quer durch Deutschland, dann wolle man die Listen mit den Autogrammen Bundeskanzler Gerhard Schröder übergeben, der sich für die Einrichtung eines europäischen Schutzgremiums für die deutschen Hausmeere und eine wirksame Kontrolle einsetzen soll.

Die Marktschreier-Aktion ist Teil der aktuellen Meereskampagne, zu der Greenpeace in Großbritannien, Holland, Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland arbeitet. Das Greenpeace-Flaggschiff Esperanza ist in Nord- und Ostsee unterwegs und dokumentiert deren Zustand. Während in den 1950er Jahren noch Thunfische von bis zu drei Metern Länge in der Nordsee gefangen werden konnten und die Kabeljaunetze nach kurzer Zeit zum Bersten gefüllt waren, sind heute 75 Prozent der Speisefischarten überfischt. Damit auch die letzten Fische in die Netze gehen, werden heute große Grundschleppnetze über den Meeresboden gezogen. An vielen Schleppnetzen hängen schwere Eisenketten, die Fische in das Netz scheuchen und dabei den Lebensraum der Tiere zerstören.