Gabriel auf Zick-Zack-Kurs

Umweltminister Sigmar Gabriel will eine Beteiligung der Atomkraftwerk-Betreiber an der Asse-Sanierung. Dafür gibt es momentan noch keine rechtliche Handhabe und in der Atomgesetznovelle steht auch etwas anderes

Bei der Frage, wer für die Schließung des Atommülllagers Asse aufkommen soll, fährt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) einen Zick-Zack-Kurs. Im Herbst befürwortete er eine Beteiligung der AKW-Betreiber, bei der Atomgesetznovelle im Januar stimmte die SPD für eine Kostenübernahme durch den Bund, gestern wollte Gabriel wieder die Energiekonzerne in die Pflicht nehmen.

Allerdings gebe es für eine finanzielle Beteiligung der Stromwirtschaft an den Stilllegungskosten derzeit keine rechtliche Handhabe, räumte der Minister im neuen Asse-Info-Haus des Bundesamts für Strahlenschutz in Remlingen ein. In der nächsten Legislaturperiode wolle er eine „Brennstoffsteuer“ für Uran einführen, kündigte Gabriel an. Für die Sanierung der Asse sind bislang rund 850 Millionen Euro veranschlagt. Fachleute bezweifeln, dass die Summe ausreicht.

Gleichzeitig schloss Gabriel erstmals ausdrücklich eine Option für die Stilllegung des maroden Atommülllagers aus. Die Bergung nur der mittelradioaktiven Abfälle sei „nicht mehr Gegenstand der weiteren Untersuchungen“. Ansonsten würden aber alle anderen Varianten für eine Stilllegung der Asse weiter verfolgt. Dazu zählten die Bergung aller oder nur die der schwach radioaktiven Abfälle ebenso wie ihre Umlagerung innerhalb der Asse. Auch die Verfüllung der unterirdischen Anlagen mit Feststoffen oder die vom früheren Betreiber Helmholtz Zentrum geplante Flutung gelten Gabriel zufolge weiterhin als Optionen. Er erwarte, dass das Bundesamt für Strahlenschutz als Betreiber bis zum Jahresende 2009 ein Konzept für die Schließung vorlege, sagte Gabriel.

Atomkraftgegner kritisierten den Verzicht auf die Rückholung der mittelaktiven Abfälle. Sie machten vom Volumen her nur ein Prozent des eingelagerten Mülls aus, bedeuten für die nächsten 200 bis 300 Jahre aber „mindestens 45 Prozent des radioaktiven Inventars“, sagte Christoph von Lieven von Greenpeace. „Im Interesse der kurz- und langfristigen Sicherheit muss der Müll raus.“

Im Hinblick auf die Krebsfälle ehemaliger Asse-Beschäftigter sagte Gabriel, die Frage, ob radioaktive Strahlung im Bergwerk die Krankheiten ausgelöst habe, sei „nicht in kurzer Zeit zu klären“. Dass Strahlenschutzbestimmungen verletzt worden seien, könne nicht ausgeschlossen werden. „In der Asse ist versucht worden, billige Entsorgung zu organisieren“, sagte Gabriel. „Und der Staat hat mitgemacht“.REIMAR PAUL