Im Yesterday

Applaus und Schnaps

Morgens um fünf, Vizesamstag (also Freitag) im verschneiten Berlin, und niemand weiß so recht, wohin. Auch wir nicht. Trotz eines fahrbaren Untersatzes und eines einigermaßen nüchternen Fahrers stehen wir, wie so oft, am Rosa-Luxemburg-Platz und grübeln. Ein kleiner Umweg führt uns über den Rosenthaler Platz auf die Kastanienallee. Von hier kann man nur flüchten, weiter zum Senefelder.

Viel mehr als das Café Achteck auf der Ecke Metzer/Schönhauser gibt es hier auch nicht zu bewundern. Und falls jemand von Ihnen dieses Café sucht, um etwas zu trinken, so liegt er daneben, denn es handelt sich nur um den Altberliner und unter allen Umständen zu schützenden Begriff für die achteckigen, meist grün bepinselten Straßenpissoirs, die dank dem omnispendablen Herrn Wall langsam aus dem Stadtbild verschwinden.

Aber auch diese kleinen Architekturwunder halten uns nicht allzu lange in ihrem Bann. Wir steuern die nächstbeste Kneipe an. Unscheinbar liegt das Yesterday neben dem Pfefferberg, wirkt eingeschüchtert vom neu renovierten Partyareal. Auf gefühlten zehn Quadratmetern tummeln sich Flipperautomaten mit automatischen Mensch-ärger-dich-nicht-Tischen, der DJ sitzt auf einem Podest hinter Plexiglas, so wie man es aus Großraumdiskos an der A 9 kennt (oder auch nicht), und die Stimmung schummrig zu nennen wäre eine Untertreibung. 20 vollgeschriebene Gästebücher hängen an der Wand, und wenn man das 21. beschreiben möchte, zickt es von der Bar: „Kritzel da nicht alles voll!“ Macht aber nichts, denn für den Allerweltsgag „Da wird doch das Haar in der Suppe verrückt!“ gibt es Applaus vom Personal und die nächste Schnapsrunde aufs Haus. Ausprobieren! JURI STERNBURG