gottschalk sagt
: Viel Parkraum ist suburban

CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag

Vor einer Woche haben die Sommerferien begonnen, was man daran merkt, dass die Lehrer im Bekanntenkreis erschöpft wirken, weil sie ihre School‘s-Out-Party ein wenig in die Länge gezogen haben, und daran, dass insgesamt weniger Autos in Köln herumstehen. Es gibt Parkplätze in Gegenden, in denen es sonst keine gibt. Denn deren Besitzer haben sich beeilt, rechtzeitig die legendären bayerischen Rekord-Staus zu erreichen, auf die Art kommt man wenigstens einmal im Jahr in die Fernsehnachrichten.

Als wir die Wohnung besichtigt haben, in der wir seit Freitag wohnen, fragten mehrere Interessenten die Vermieterin nach der hiesigen Parkplatzsituation. Dabei konnte man, vom Balkon aus, am späten Sonntag Nachmittag, gleich mehrere ausmachen: Große und kleine, ein paar freie Parktaschen, sogar schattige. Hier, am Rande Ehrenfelds, gibt es Parkraum in Hülle und Fülle – für umsonst. Konnten die das nicht sehen?

Erst jetzt, drei Millionen eingekleisterte Tapetenbahnen und 4000 Hektoliter „Alaska-Weiß“ später, habe ich diese Frage richtig verstanden: Gegenden mit ausreichend Parkraum gelten als unattraktiv. Hier gibt es nicht einmal Anwohnerparkausweise. Wer etwas auf sich hält, nennen wir sie mal die „Generation Boule“, wohnt zunächst im Belgischen Viertel oder am Rathenauplatz („Toll hier, eine unheimliche Lebensqualität, aber Parkplätze, eine Ka-tas-tro-phe!“) und zieht von dort aus direkt in die Doppelgaragenhölle, dort, wo die Rasenmäher singen.

Ein Überangebot an freien Parkplätzen gilt als unurban, um nicht zu sagen suburban, es spricht von Ödnis und Langeweile. Wo das Leben pulsiert, da müssen viele Autos sein, da will zweite Reihe geparkt werden, und ein lebhafter Parksuchverkehr sagt mir: Alle wollen da sein, wo ich wohne. Cool.

Tatsächlich ist es hier schon etwas vorstädtisch. Nur ein Imbiss, nur ein Büdchen, und der nächste Lidl ist jenseits der Äußeren Kanalstraße. Hier gedeihen bereits echte Reihenhäuser, und die Hochhäuser erreichen bis zu sieben Stockwerke, dazwischen findet sich gepflegtes Siedlungsgrün. Die Kinder gehen einfach so raus und spielen Fußball. Auf dem abgesperrten Teil eines völlig überdimensionierten Groß-Parkplatzes, gleich neben dem riesigen Garagenhof.