Wasserkraft: Tennis über den Turbinen

Planungen für Wasserkraftwerk am Weserwehr starten mit Verzögerung. Dafür wird die Anlage doppelt so groß wie zunächst geplant. Die riesige Halle über den Turbinen könnte auch anderweitig noch genutzt werden, sagen die Betreiber

Bremen taz ■ Bis die Turbinen sich schließlich drehen, wird noch einiges Wasser die Weser hinunterfließen. Zwei Jahre ist es her, dass die damalige SPD-Umweltsenatorin Christine Wischer der Bremer Projektentwicklungsgesellschaft tandem und der Greenpeace-Energy-Tochter Planet Energy die Erlaubnis erteilte, am Bremer Weserwehr ein neues Wasserkraftwerk zu bauen. Jetzt haben die Planer die ersten Detailuntersuchungen in Auftrag gegeben. „Es gab Verzögerungen“, gibt Projektleiter Hucky Heck zu.

Wegen „nicht kongruenter Vorstellungen“ habe man etwa das Planungsbüro wechseln müssen. „Da haben wir Zeit verloren.“ Und das neue Energie-Einspeise-Gesetz (EEG), das die Vergütung des Wasserkraft-Stroms regelt, ist nach einer Zwischenrunde im Vermittlungsausschuss erst vor wenigen Wochen verabschiedet worden. Erst mit diesem Gesetz sei jedoch klar, dass das Kraftwerk doppelt so groß gebaut werden könne wie ursprünglich geplant. Demnach soll das Weserwasser künftig statt einer sogar zwei 5-Megawatt-Turbinen antreiben, die zusammen dann gut 35 Millionen Kilowattstunden Ökostrom im Jahr erzeugen sollen – genug für über 20.000 Haushalte. Anfang 2005 will Heck alle Unterlagen für das nötige Planfeststellungsverfahren zusammen haben, geht alles glatt, könnten die Bagger Anfang 2006 anrücken. In der einjährigen Bauzeit müssten die Freizeitkicker vom Weserwehr dann auf eine Ecke ihres Sportplatzes verzichten. Unter dem sollen künftig die Wassermassen hindurch rauschen.

Ein Großbauwerk wird auch die unterirdische Turbinenhalle. Jedes der beiden Schaufelräder misst knapp vier Meter im Durchmesser, zusammen mit den nötigen Nebenanlagen wird der Kraftwerksbau damit gut und gern zehn auf vierzig Meter groß. Direkt neben dem Sportplatz am Weserwehr wird also eine größtenteils unterirdische Halle entstehen – bis zu elf Meter hoch. Im Kellergeschoss schießen jede Sekunde 200 Kubikmeter Wasser durch die Turbinen. Obendrüber jedoch ist noch jede Menge Platz. „Eine Tennishalle etwa“, scherzt Heck. Oder Proberäume. In die – durch große Bullaugen hindurch – auch die Fische einen Blick werfen könnten, welche auf der eigens für sie angelegten Fischtreppe um Kraftwerk und Staustufe herum flipschen.

Apropos Fische. Die von den Turbinen fernzuhalten, dürfte das größte Problem für das Kraftwerk werden. Denn auch die unterhaltsamste Fischtreppe nützt nichts, wenn die Fische trotzdem in den Kraftwerkskanal selbst gelangen und mit der reißenden Strömung durch die Turbinenschaufeln gewirbelt werden. Hundertprozentigen Schutz könnte nur ein äußerst engmaschiges Sieb am Einlauf des Kraftwerkskanals geben. Je kleiner aber die Löcher, desto größer muss das Einlaufbauwerk werden – eine Kostenfrage. „Der eine oder andere Fisch“, mutmaßt Heck, „wird schon mal eine Schaufel abkriegen“. Und wenngleich nicht zuletzt der Mitbetreiber Greenpeace sehr strenge Anforderungen an den Fischschutz stelle, macht sich Heck auf Einsprüche der Fischschützer im Planfeststellungsverfahren gefasst.

Aufmerksam beäugt auch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung die Planungen der Ökostromer. In Niedrigwasserzeiten nämlich würde vier Fünftel des Weserwassers durch den unterirdischen Kraftwerkskanal fließen. Die veränderten Strömungsverhältnisse, so die Befürchtung der Staustufen-Betreiber, könnten zu Sandablagerungen vor den Toren der Staustufe führen, das unterhalb des Wehres quer in den Fluss einschießende Wasser eventuell Schiffe ins Wanken bringen, die vor der Schleuse warten. Wie das verhindert werden kann, soll eine Computersimulation der Universität Stuttgart zeigen. Armin Simon