NACH DER EINIGUNG MIT KUREI MUSS ARAFAT SEINEN FÜHRUNGSSTIL ÄNDERN
: Kritik von außen schadet nur

Déjà-vu in Ramallah. Jassir Arafat gibt auf innenpolitischen Druck hin Kompetenzen ab. Er verspricht es zumindest. Wieder muss man abwarten, ob seinen Worten Taten folgen. Wieder hat er Zeit gewonnen – bis zur nächsten Rücktrittsdrohung seines Premierministers. Alles wie gehabt? Nicht ganz.

Die Übereinkunft zwischen Arafat und Regierungschef Ahmed Kurei, genannt Abu Ala, mag das Kabinett besänftigen und Teile des Parlaments. Die Fatah-Jugend, die federführend die Proteste gegen Korruption und für mehr Mitbestimmung vorangetrieben hat, wird sich hingegen kaum noch mit den nun hoffentlich anstehenden personellen Veränderungen in den Führungsreihen der Sicherheitsdienste zufrieden geben. Anders als Israel und die USA fordern die Schabiba, die in der Fatah organisierten Studenten, nicht, Arafat von der politischen Bildfläche verschwinden zu lassen: Im Gegenteil, er soll weiter den Posten des „Rais“ innehaben. Allerdings ist sein autokratischer Führungsstil für den Parteinachwuchs, der selbst ans Steuer will, immer weniger akzeptabel.

Die unterschiedlichen Vorstellungen der USA und der Schabiba davon, wie eine geeignete Lösung für den Palästinenserpräsidenten aussehen könnte, ändern nichts daran, dass es die Reformisten immer dann besonders schwer haben, wenn sich das Ausland zu Wort meldet. Wie etwa US-Außenminister Colin Powell, der es nicht lassen konnte, Arafats „Jo-Jo-Angebot“ an Abu Ala zu kritisieren. Spätestens seit Präsident George W. Bushs Aufruf vor zwei Jahren, die palästinensische Führung zu ersetzen, gelten Arafat-Gegner in den besetzten Gebieten nahezu automatisch als Freunde Amerikas – schlimmer noch: als Freunde einer israelischen Regierung, deren Zorn auf den israelischen palästinensischen Volksführer sich in dem gegen Arafat verhängten Hausarrest manifestiert. Unverdächtig ist die Kritik deshalb nur noch dann, wenn sie aus dem extremistischen Lager kommt.

Arafat ist ein Relikt und Symbol des Widerstandskampfs, an dem sich der letzte Rest des Nationalstolzes festmacht. Allein aus Trotz gegen die Besatzungsmacht gilt es, sich hinter ihn zu stellen. Der Versuch, die internen palästinensischen Angelegenheiten von außen zu bestimmen, zwingt die Palästinenser praktisch zur Wahl zwischen dem Kampf gegen die Besatzung einerseits und dem Kampf gegen Korruption und Autokratie andererseits. Eine Entscheidung, die nur zu Ungunsten der Reformer ausgehen kann. Der größte Feind der Palästinenser heißt noch immer Ariel Scharon, nicht Arafat. Die USA und vor allem Israel täten deshalb gut daran, die Entwicklungen in Gaza und Ramallah unkommentiert zu lassen. SUSANNE KNAUL