Politisches Donnerwetter gegen die Windkraft

Nicht nur verschandeln Windräder die Landschaft, sie verleiten laut Wirtschaftsminister Clement auch zur „Abzocke“

BERLIN taz ■ Die ausgebrochenen Diskussionen um die Rolle der Windkraft seien „nicht nachvollziehbar“. Das findet zumindest Baden-Württembergs Umwelt- und Verkehrsminister Ulrich Müller (CDU). Dabei ist ein Vorstoß von CDU-Landesvater Erwin Teufel eine der Diskussionsgrundlagen. In der letzten Woche wollte er erwirken, dass zwei fast fertig gestellten Windparks bei Freiburg die Baugenehmigung wieder entzogen wird.

„Zu Baden-Württemberg passt die Windenergie nur eingeschränkt, während wir über ein großes Potenzial an Wasserkraft aus Flüssen verfügen“, erklärt nun Umweltminister Müller. In Zahlen ausgedrückt: 6 Prozent des in Baden-Württemberg produzierten Stromes kommen aus Wasserrädern; nur 0,3 aus Windrädern. Der Bund wolle doch nach dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) künftig „bei Windkraftanlagen im Binnenland weniger Einspeisevergütung bieten – zugunsten der Windkraft in den Küstenregionen und erfreulicherweise auch zugunsten der großen Wasserkraft“, so Müller. Das neue EEG sei also hilfreich – im Ansatz.

Genau das hatte Wolfgang Clement aber am Wochenende neuerlich in Frage gestellt. Der Bundeswirtschaftsminister benutzte in seiner Diskussionsgrundlage Begriffe wie „niedrigere Vergütungen“, „kürzere Förderungsdauer“, „Einstreichen staatlicher Zuschüsse“ oder „Abzocke“. Jedenfalls wolle er mit dem zuständigen Umweltminister Jürgen Trittin über die Förderung der Windkraft „verhandeln“. Clement: „Im Moment liegen wir noch auseinander.“

Was die Bündnisgrünen eher gelassen sehen. „Altbekannte Positionen, die für einen Ex-Ministerpräsidenten aus Nordrhein-Westfalen nicht verwunderlich sind“, erklärte etwa die grüne Energiepolitikerin Michaele Hustedt. Clements Weg in alte Energiestrukturen führe in die Sackgasse. Hustedt macht auch deutlich, worum es in der aktuellen Phantom-Debatte geht: Im Herbst muss sich die rot-grüne Koalition auf eine gemeinsame Energiepolitik verständigen. „EEG, Energiewirtschaftsgesetz, Steinkohlebeihilfegesetz und der Allokationsplan zum CO2-Zertifikate-Handel müssen noch dieses Jahr auf den Weg gebracht werden“, so Hustedt. Zudem müsse in absehbarer Zeit die Hälfte der deutschen Kraftwerke ersetzt werden. Entsprechend wird im Vorfeld getrommelt.

Auch Trittin diskutiert mit – obwohl derzeit noch im Urlaub. In der Bild am Sonntag schrieb Trittin: „Die Stromerzeuger erhalten vom Netzbetreiber für jede ins Netz eingespeiste Kilowattstunde – zeitlich befristet und jährlich sinkend – einen Festpreis“, schreibt Trittin. Die daraus resultierenden Kosten würden auf die Haushalte umgelegt – derzeit 1 Euro pro Monat. Wer also meine, durch den Abbau der Vergütungssätze würde der Staatshaushalt entlastet, „der irrt“. FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper jedenfalls kommt die Diskussion gelegen. Sie warf gestern der Regierung „engstirniges Gerangel“ in der Energiepolitik vor. Und forderte einen europäischen Energiegipfel.

NICK REIMER

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