Schadensbegrenzung bei der Jungen Union

CSU ist sich ganz sicher, dass keine Mitgliedsanträge gefälscht wurden. Trotzdem setzt sie Expertenkommission ein

BERLIN taz ■ Der Chef der Jungen Union in München, Rasso Graber, will an seinem Amt festhalten. Die Staatsanwaltschaft untersucht, ob Graber CSU-Mitgliedsanträge gefälscht und Stimmen gekauft hat. Der JU-Chef wehrt sich: „Ich habe weder eine Urkunde gefälscht, noch dabei geholfen oder dazu angestiftet“, sagte Graber der taz gestern. Zuvor hatte ihn die Münchener CSU-Vorsitzende Monika Hohlmeier aufgefordert, sein Amt im Interesse der Partei ruhen zu lassen. Dazu wollte sich Graber gestern nicht äußern.

Auch der CSU-Landesfraktionschef Alois Glück hatte Graber am Wochenende geraten, sein Amt so lange ruhen zu lassen, bis die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen sind. „Jetzt ist ein sichtbares Signal gefordert, um Schaden von der CSU abzuwenden“, sagte Glück zur taz. Der Schaden könnte auch darin bestehen, dass das Image der Münchner CSU-Chefin und Kultusministerin Hohlmeier leidet. So war spekuliert worden, dass die Parteispitze den JU-Stimmenkauf finanziert haben könnte. Glück bestritt diese Vermutungen: „Einen Zusammenhang zwischen der Affäre und der Bezirksvorsitzenden Hohlmeier sehe ich überhaupt nicht.“

Die Münchener Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen Graber, sondern auch gegen drei seiner JU-Kollegen wegen des Verdachts auf Urkundenfälschung. Am vergangenen Mittwoch war es zu Hausdurchsuchungen gekommen. Die Jung-Unionisten sollen Verwandte und Freunde dafür bezahlt haben, dass sie in die CSU eintreten und bei einer parteiinternen Abstimmung im Ortsverband Perlach für den Kandidaten ihrer Wahl stimmen. Daneben sollen Anträge gefälscht worden sein.

Zurzeit liegen der Staatsanwaltschaft 30 Dokumente vor, die nun geprüft werden. Zudem existieren ausgedruckte E-Mails, die den Verdacht auf Stimmenkauf bestätigen könnten. Strafrechtlich relevant sind jedoch nur die gefälschten Mitgliedsanträge, nicht die gekauften. Die Entscheidung, ob ein Strafverfahren wegen Urkundenfälschung eingeleitet werden soll, kann sich noch einige Monate hinziehen, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Kultusministerin Hohlmeier unterstrich, dass sowohl das CSU-Parteischiedsgericht als auch eine parteiinterne Kommission festgestellt hätten, dass die betreffenden Wahlen satzungsgemäß erfolgt seien. Trotzdem hat die CSU-Landesführung inzwischen ein Gremium aus Rechtsexperten berufen, die die Vorwürfe gegen den JU-Chef und seine Parteifreunde aufklären sollen. Unter Leitung des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Konrad Kruis sollen zudem Vorschläge erarbeitet werden, wie man den Kauf von Stimmen künftig vermeiden könnte. Gleichzeitig wurde ein Anwalt beauftragt, die beschuldigten Parteimitglieder zu befragen.

Hohlmeier hielt jedoch weiter daran fest, dass es „weder Manipulationen noch gekaufte Stimmen“ gegeben habe. Es dürften keine Vorverurteilungen geschehen, betonte auch der Landesvorsitzende Glück. Für das Landesvorstandsmitglied der bayerischen JU, Markus Blume, steht jedoch fest: „Wenn Mitgliedsanträge gefälscht oder Stimmen gekauft wurden, dann ist das antidemokratisches Verhalten.“ Blume fordert gegenüber der taz, dass Graber auch dann zurücktritt, wenn kein Strafverfahren eröffnet wird. „Falls die E-Mails echt sind, muss sich die Partei personelle Konsequenzen überlegen“, erklärte Blume.

LAURA MÜLLER